310 Preußische innere Politik. Anfang 1868. 1868
bevorstehenden Reichstag die Erlangung eines Heilmittels zu
versuchen. Immer gab es in der Frage bei Bismarck's und
Leonhardt's Haltung keinen feindlichen Gegensatz zwischen
Regierung und Volksvertretung mehr, sondern nur noch einen
Unterschied des Zeitmaaßes in dem Vorwärtsschreiten zu dem-
selben Ziel.
Als am 29. Februar König Wilhelm den Landtag schloß,
konnte er seine Freude über die erlangten Ergebnisse in
gnädigen Worten aussprechen und der Hoffnung auf baldige
Weiterentwicklung Ausdruck geben. Indessen zeigten sich ander-
wärts bedenkliche Symptome für die nächste Zukunft. In
ganz Europa lastete die Sorge vor einer schweren Friedens-
störung — wir werden bald näher davon reden — auf dem
Betriebe der Industrie und des Handels, und die Staats-
casse empfand die Rückwirkung in ihren Einnahmen. In
Preußen kamen dazu die durch die schlechten Erndten ver-
anlaßte Steigerung der Verpflegungskosten in der Armee und
ein starkes Sinken der Posterträge durch die vorigjährige
Herabsetzung der Porti. Es bestand kein Zweifel, daß Beides
nur ein vorübergehender Schade war, aber man verbarg sich
nicht für das nächste Jahr das Herannahn eines erheblichen
Deficit. Die einzige Hülfe dagegen lag in der Hand des in
vier Wochen bevorstehenden Reichstags und des bald nachher
eintretenden Zollparlaments. Während des ganzen Winters
war der norddeutsche Bundesrath mit den dafür bestimmten
Vorlagen beschäftigt, und am 2. März trat auch der Zoll-
bundesrath zu gleichem Zweck zusammen. Da eine große Anzahl
der Staaten sich in ähnlicher Finanzlage wie Preußen be-
fand, war man sehr bereit, auf Vermehrung der Einnahmen
durch Finanzzölle und Verbrauchssteuern einzugehn. Leider