Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Ricasoli's Fall. 321 
garantiren und ihm eine stattliche Dotation und eigne Post 
und Telegraphie zu sicherem Verkehr mit der Außenwelt zu 
gewähren. Der König meinte, unter solchen Bedingungen 
in Italien unter einem ihn anbetenden Volke zu weilen, 
müsse dem Papste eine Freude sein. 
Allein es sollte dem Könige erspart bleiben, diesen schönen 
Plan vom Papste verächtlich zurückgestoßen zu sehn. Kaum 
war er in der Kammer vorgelegt, so erhob sich dort lebhafter 
Widerspruch von verschiedenen Seiten. Man zürnte, daß 
durch das Gesetz der Pfarrklerus der Herrschaft der Bischöfe 
schutzlos Preis gegeben, daß den Bischöfen erlaubt sei, den 
Erlös ihrer Güter auch im Auslande zu gefährlichen Reactions- 
zwecken anzulegen. Die Regierung besaß keine feste Mehrheit 
in der Kammer; sie lebte von der Spaltung der Opposition 
in mehrere Gruppen: hier aber wurde das Gesetz von dem 
vereinten Unwillen aller Unabhängigen getroffen; es kam zu 
einem Mißtrauensvotum und darauf am 12. Februar 1867 
zur Auflösung der Kammer. 
Als aber im März die Neuwahlen die bisherige Ver- 
sammlung beinahe ungeändert in den Palast des Parlaments 
zurückführten, war das Schicksal des Gesetzes und damit auch 
das des Ministeriums Ricasoli entschieden. Es kam dazu 
eine Einwirkung der auswärtigen Politik, nämlich die mit 
Anfang April bedenkliche Entwicklung der Luxemburger Frage 
und somit die Gefahr eines deutsch-französischen Krieges. 
Sofort flammte bei Victor Emanuel der Gedanke auf, damit 
wäre ja Frankreichs Macht vollständig anderwärts beschäftigt; 
man brauche nur Garibaldi ungestört seinen Romzug beginnen 
zu lassen, um dann als Retter und Ordner einzuschreiten, 
und Italien würde seine Hauptstadt besitzen. Für ein solches 
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. VI. 21
	        
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