Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Alle Großmächte sind dem Congreß abgeneigt. 331 
geneigt, dessen Stellung durch eine europäische Garantie zu 
stützen. Das schismatische Rußland, mit der Curie in stetem 
Hader über die katholische Kirche in Polen, hatte dieselbe 
Gesinnung in noch höherem Maaß. England wollte mit 
dem Congresse nichts zu schaffen haben, denn die Nation 
hatte lebhafte Sympathien mit Italien, und die Regierung 
strebte mit dem Papste auf gutem Fuß zu bleiben, weil sie 
sich in Irland gegen die Fenier auf den katholischen Klerus 
stützte. Ganz ähnlich aber stand es in Preußen. Die Mehr- 
heit des Volkes nahm Partei für Italien, eine starke Minder- 
heit für den Papst. In der innern Politik sprach Manches 
zu Gunsten der katholischen Begehren, in der auswärtigen 
war ein gutes Einvernehmen mit Italien ein Interesse ersten 
Ranges. Also wünschte man, sich mit der dornigen Frage über- 
haupt nicht zu befassen, keine Meinung auszusprechen, keinen 
Congreß zu beschicken; denn dort würde es unvermeidlich sein, 
eine der streitenden Parteien oder vielleicht beide zu verletzen. 
Bismarck fragte den Grafen Benedetti, auf welches 
Programm die französische Regierung die Conferenz berufen, 
und welche Anträge sie in derselben stellen wollte. Der 
Botschafter mußte erwidern, daß seine Regierung eine solche 
Absicht überhaupt nicht habe, sondern von der Weisheit der 
Conferenz Vorschläge und Entscheidung erwarte. Dies war 
nun vollends nicht ermuthigend zu dem Entschlusse, sich selbst 
in die Lage zu versetzen, aus welcher Napoleon sich so eifrig 
herauszuwickeln suchte. Alle Bemühungen Benedetti's, den 
Kanzler von der Heilsamkeit und Nothwendigkeit des Congresses 
zu Üüberzeugen, blieben erfolglos. In seinem Eifer erhitzte 
er sich täglich mehr; er sprach die Überzeugung aus, daß 
Bismarck gegen den Congreß arbeite, weil er wünsche, einen
	        
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