Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

352 Deutsche und orientalische Frage. 1866 
Eine Auffassung, bemerkte der oben citirte „Augenzeuge“, 
welche der Prinz doch nicht zu theilen vermochte. 
Der Prinz begab sich darauf zum Könige und theilte 
ihm Bismarck's Ansicht mit. Der König aber wollte nichts 
davon wissen, sondern blieb bei seiner Abmahnung, worauf 
der Prinz seinen Entschluß in begeisterter Rede vertheidigte. 
Das Ende war eine Erklärung des Königs, er müsse auf 
seinem Standpunkt beharren; wenn den Prinzen jedoch ein 
innerer Drang unaufhaltsam vorwärts treibe, könne er ihn 
nicht hindern. Der König gewährte ihm Urlaub nach Düssel- 
dorf; er umarmte beim Abschied den jungen Helden; sein 
letztes Wort war: Gott behüte Dich! 
Eine Reise nach Paris, wie sie Bismarck empfohlen hatte, 
erschien doch bedenklich. Statt dessen beschloß man Erkundi- 
gungen durch geheime Canäle, wobei man über die Pariser 
Politik besondere Erfahrungen machte. Eine vornehme, mit 
dem Minister Drouyn de Lhuys befreundete Dame wurde 
veranlaßt, diesen zu sondiren: der Minister antwortete, 
Napoleon werde nie eine vollendete Thatsache anerkennen. 
Darauf schrieb der Prinz an eine Dame in Paris, Frau 
Cornu, auf die Napoleon persönlich ein großes Vertrauen 
setzte; die umgehende Antwort mahnte dringend zur Schaffung 
der vollendeten Thatsache. Am 1. Mai erschien Bratianun 
als Führer einer rumänischen Deputation, welche das Schluß- 
ergebniß des Plebiscits überbrachte; der Prinz sprach ihr 
seine Zustimmung aus; da aber der König noch einmal wegen 
des Widerspruchs der Mächte abgerathen hatte, reiste der 
Fürst Karl Anton nach Berlin, um einen günstigern Bescheid 
zu erwirken. Am 5. kam er zurück. Der König weigerte 
nach wie vor die Ertheilung einer Erlaubniß; er wolle ihm
	        
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