Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

354 Deutsche und orientalische Frage. 1866 
Welt als eine Fabel. Niemand dachte an das Sigmaringer 
Hausgesetz und den strengen Rechtssinn des Königs. 
Indessen fuhr das Glück fort, dem Muthigen hold zu sein. 
Der Ruhmestag von Königgrätz, wo einer seiner Brüder 
den Heldentod fand, sicherte den Fürsten vor jeder Bedrohung 
durch Osterreichs Abneigung, und der püötzlich ausbrechende 
Aufstand der Insel Kreta lenkte die Sorgen und die Kräfte 
der Pforte auf das Gründlichste von dem Eindringling auf 
dem rumänischen Throne ab. Fürst Karl beeilte sich, das 
Ereigniß benutzend, dem Sultan die Unterwerfung unter 
dessen lehnsherrliche Rechte entgegen zu tragen; so erlangte 
er im October die feierliche Investitur als erblicher Beherrscher 
Rumäniens unter türkischer Oberhoheit. Damit war denn 
auch für die Großmächte jeder Rechtsgrund gegen seine 
Erhebung beseitigt, und eine nach der andern vollzog die 
diplomatische Anerkennung des jungen Herrschers. 
Es ist nicht unseres Ortes, die innere Entwicklung 
Rumäniens darzustellen; die Welt weiß, mit welchem Erfolge 
die politische Begabung Karl's I. seine schwierige Aufgabe 
gelöst hat. Wir haben nur auf einzelne Momente hinzu- 
weisen, die für die allgemeine Politik Europas und ins- 
besondere für die Stellung Preußens in Betracht kamen. 
Fürst Karl hatte in seiner preußischen Stellung gelernt, 
daß die erste Grundlage eines sicher geordneten Staats ein 
tüchtig ausgebildetes und disciplinirtes Heer ist. Was er 
aber von dergleichen in der neuen Umgebung vorfand, war 
trostlos: kräftige und muthige Jünglinge in Fülle, im Ubrigen 
jedoch Mangel und Entblößung, Unbildung und Zuchtlosigkeit. 
Was eine französische Militärcommission, die auf den Wunsch 
der frühern Regierung gesandt war, seit 1864 zu Stande
	        
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