360 Deutsche und orientalische Frage. 1867
Dies war nun genau so wahr, wie die ebenfalls in
Paris verbreitete Meinung, daß Bismarck's Agenten den
Romzug Garibaldi's veranlaßt und unterstützt hätten. Im
Gegentheil, nach den in Bayern und Württemberg soeben
gemachten Erfahrungen schwärmte Bismarck weniger als jemals
für eine übereilte Heranziehung der Südstaaten in den Nord-
bund, so daß ihm für den Augenblick Badens patriotischer
Eifer im Interesse des innern Gedeihns und des europäischen
Friedens weniger erfreulich als unbeqguem war. Am
17. November 1867 hatte ihm Mazzini jene Warnung vor
einem französisch-italienischen Bündniß zugesandt; am 18.
wandte sich an ihn ein alter Freund und Exilgenosse Mazzini's,
der damalige badische Ministerpräsident Mathy, ein Mann,
der sich seit 1848 von Mazzini's doctrinärer Schwärmerei
abgewandt hatte und mit festen Schritten auf den Bahnen
preußisch-deutscher Realpolitik zu seiner jetzigen Stellung
emporgestiegen war. Er schickte dem Kanzler eine ausführliche
Denkschrift, worin er den Eintritt Badens in den Nordbund
beantragte, und bat, wenn die europäischen Verhältnisse dies
noch nicht thunlich erscheinen ließen, um Vollmacht zu einer
Erklärung an die Kammern, daß der Eintritt, eventuell auch
ohne Bayern und Württemberg, gesichert, und nur der Zeit-
punkt dem Ermessen der Regierungen vorbehalten sei. Bismarck
selbst schrieb ihm keine Antwort; der preußische Gesandte in
Karlsruhe theilte Mathy mit, daß der Kanzler die gewünschte
Erklärung nicht geben könne#).
Indessen entwickelte sich die Lage weiter. Mathy starb
bald nachher, und sein Nachfolger Jolly erklärte den Kammern,
er könne über sein Programm sich kurz fassen: es sei genau
1) Freytag, Karl Mathy, S. 415.