362 Deutsche und orientalische Frage. 1868
Generalstabs Suckow unerschütterlich trotz aller Schwierig-
keiten an der Durchführung des preußischen Wehrsystems fest
und wurden hierin, wie wir sahn, von dem sonst nicht preußen-
freundlichen Könige, der aber seine Truppe nicht durch die
Verehrer einer Volksmiliz zerrütten lassen wollte, kräftig
unterstützt. Anfang Mai 1868 genehmigte der König eine
Reise Suckow's nach Berlin zur Informirung in Sachen
„Mobilmachung und Verwandtes“ ). Nach den erwähnten
Verhältnissen fand Suckow Anfangs eine sehr zurückhaltende
Aufnahme. Am 6. Mai sprach er Moltke: er sei gekommen,
um zu fragen, was Württemberg bei einem plötzlichen Ein-
bruch der Franzosen in Süddeutschland zu thun habe. Moltke
antwortete mit der Gegenfrage, was Württemberg leisten
könne, und wie schnell; aufrichtig sagte er, daß er die dortige
Leistung nicht bloß als eine schwache, sondern auch als eine
unzuverlässige ansehn müsse; am Besten sei es, ihnen zu
sagen: sieh zu, wie Du Dir selbst hilfst; die Dinge werden
um so schneller gehn, je ungestörter Varnbüler sein Treiben
fortsetzt. Für Preußen sei der Thüringer Wald eine viel
bessere Flanke als der Oberrhein. Es war keine Freude für
Suckow, auf solche Art Süddeutschland als auswärtigen
Kriegsschauplatz betrachtet zu sehn; er erwiderte, es könne
Preußen doch nicht gleichgültig sein, wenn Süddeutschland
dem Demagogenthum verfiele und in französische Vasallen-
schaft gerietbhe. Moltke erkannte das an und trat in eine
nähere Besprechung der strategischen Verhältnisse und der
daraus folgenden militärischen Bedürfnisse ein. Als Suckow
darauf seine Auffassung entwickelte, klärte sich Moltke's An-
gesicht auf: ich sehe schon, sagte er, daß wir zwei Generalstabs-
1) Aus ungedruckten Memoiren.