372 Deutsche und orientalische Frage. 1868
eine Aussöhnung zwischen Osterreich und Preußen. Auf das
Bestimmteste wies er den Argwohn zurück, daß Bismarck den
spanischen Aufstand bezahlt habe. Ihm schüttete jetzt Napoleon
sein Herz aus. Ich kann, erklärte er, für den Frieden nur
so lange einstehn, als Bismarck den jetzigen Zustand respectirt;
wenn er den deutschen Süden in den Nordbund hinein zieht,
werden unsere Kanonen von selbst losgehn #½.
Indessen hatte unmittelbar vorher eine mehrmonatliche
Conferenz der drei Südstaaten über gemeinsame militärische
Einrichtungen in München Statt gefunden, die zwar ebenso
unfruchtbar geblieben, wie alle bisherigen Entwürfe über den
Südbund, jedenfalls aber kein Symptom einer Annäherung
an den Nordbund war. Preußen hatte unbeweglich zugesehn.
Und jetzt trat ein völlig überraschender Umschwung in den
orientalischen Wirren ein. Der angebliche Agitator Rumäniens,
der immer schlimme und unberechenbare Bismarck, fegte
plötzlich mit zwei starken Strichen den im Norden und
im Süden der Türkei glimmenden Kriegsfunken von dem
Boden hinweg und sicherte damit auf dieser Seite den
europäischen Frieden.
Bismarck hatte dem rumänischen Treiben bis dahin sehr
gelassen zugesehn. Bei dem gegenseitigen zwischen ihm und
Beust vorhandenen Mißtrauen hatte er wenig einzuwenden,
wenn durch Bratianu's Wühlerei Beust's Aufmerksamkeit
für eine Weile vom Prager Fricden und Süddeutschland
abgelenkt wurde. Er wollte keinen Einfluß Österreichs in
Rumänien aufkommen lassen und mahnte den Fürsten stets
zu vertrautem Anschluß an Rußland. Die revolutionäre
Unruhe Bratianu's mißfiel ihm gründlich, er dachte jedoch,
1) Nach ungedruckten Memoiren.