374 Deutsche und orientalische Frage. 1868
krieg gegen Preußen suche, und daß er, auch wenn das
französische Volk ihn zu einem solchen dränge, ohne eine
große Allianz doch schwerlich losschlagen würde. Da Rußland
damals fest zu Preußen hielt, kam mithin Alles auf Osterreich,
und hier wieder Alles auf Ungarn an. So lange dieses
deutschfreundlich blieb, gab es für Napoleon keine Allianz;
sobald es sich gegen Preußen wandte, war für Frankreich
die Möglichkeit der Allianz und damit des Kriegs gegeben.
In diesem Zusammenhang war Bismarck's Entschluß sehr
bald gefaßt. Die officiösen Berliner Zeitungen erklärten
den Rumänen ein über das andere Mal, es sei Wahnsinn
zu meinen, daß Preußen ihren Träumereien zu Liebe seine
guten Beziehungen zu Ungarn stören lassen würde, und am
22. November 1868 wies Bismarck den preußischen General=
consul in Bukarest, Grafen Keiserling, an, von dem Fürsten
die sofortige Entlassung seines Ministeriums zu fordern, und
im Weigerungsfall seine Pässe zu begehren. Der Fürst, ob-
wohl bereits durch Keiserling mehrmals gewarnt, war schwer
betroffen. Seit Bratianu's erstem Besuche in Düsseldorf
hatte er Wohlgefallen an ihm gefunden und dann seine feste
Leitung der Kammern bewundert. Die Trennung war ihm
schmerzlich, aber er fügte sich dem Unvermeidlichen. Das daco-
rumänische Reich war vor seiner Geburt gestorben.
Im Süden war es der Pforte noch nicht gelungen, die
Empörung auf Kreta zu überwältigen. Zwar lag die Kraft
der aufständischen Bevölkerung in den letzten Zügen, aber
die fortdauernde Unterstützung aus Griechenland durch
Nahrungsmittel, Waffen und Freischaaren, noch im December
1868 über 900 Mann, hielt die Bewegung immer lebendig.
Die Pforte aber fand sich unaufhörlich durch die diplomatischen