1867 Reichstagswahlen. 35
Gleich an dieser Stelle mag vorweg genommen werden,
daß Stephan unterdessen die Umgestaltung des gesammten
Taxis'schen Postwesens nach den Grundsätzen der preußischen
Organisation bereits so weit vorbereitet hatte, daß sie noch
im Laufe des Jahres zur Verwirklichung gelangte. Ebenso
rasch erwirkte er bei den zehn Regierungen, in deren Staaten
die Taxis'sche Post noch bestanden hatte, die Zustimmung zu
dem Abtretungsvertrage, welche dann ohne Schwierigkeit auch
von dem preußischen Landtage ertheilt wurde. Die preußische
Regierung konnte ihren Verbündeten erklären, daß in dem ganzen
Umfange des Bundes die Postverwaltung vom 1. Januar 1868
ab in die Hand der Bundesregierung übergehen würde.
So war im Innern alles wohl geordnet und für die
parlamentarische Behandlung vorbereitet, als mit dem 12. Fe-
bruar 1867 der mit allseitiger Spannung erwartete Tag der
Reichstagswahlen nach dem allgemeinen, gleichen, directen
Wahlgesetz von 1848 erschien.
Das nach lebhaften Wahlkämpfen gewonnene Ergebniß
stimmte im Wesentlichen mit jenem der letzten preußischen
Landtagswahlen, unter einer leichten Verschiebung zu Gunsten
der Regierung und ihres nationalen Werkes überein. Un-
bedingt für sie zu stimmen, zeigten sich 59 Altconservative,
36 Freiconservative, sowie die Gruppe der 27 sogenannten
Altliberalen geneigt. Unbedingt in oppositioneller Haltung
erschien eine bunte Reihe höchst verschiedenartiger Elemente,
die auf 19 Mitglieder heruntergekommene Fortschrittspartei,
dann eine „freie Vereinigung“ von 14 Köpfen, ferner eine
„bundesstaatlich constitutionelle Vereinigung“ von Ultra-
montanen und strammen Particularisten aus Hannover und
Holstein, im Ganzen 18 Personen, neben ihnen als einziger
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