50 Die ersten Wochen des Reichstags. 1867
Unsern Verbündeten sei für die Bereitwilligkeit zu solchen
Opfern um so wärmer zu danken, je mehr bei den Verhand-
lungen die Schwere der Aufgabe hervorgetreten sei, eine volle
Übereinstimmung so vieler Regierungen zu erzielen, die noch
dazu die Meinungen ihrer Landtage zu beachten haben. Eine
schwere Gefahr für das ganze Werk würde entstehn, wenn
der Reichstag Anderungen vornähme, für welche das Ein-
verständniß der Regierungen nicht zu gewinnen wäre.
Zum Schlusse dann der bereits angeführte Satz über
das Verhältniß zu den süddeutschen Staaten.
Die Thronrede wurde von der Mehrheit des Hauses in
kühler Stimmung aufgenommen. Der wesentliche Inhalt des
Verfassungsentwurfs war bereits durch die Presse bekannt
geworden und hatte Lob, Tadel und besonders durch sein
Abweichen von allen gewohnten Verfassungsformen zweifelnde
Verwunderung erregt.
Nachdem in den nächsten Tagen die erforderliche Zahl
von Wahlprüfungen Statt gefunden hatte, schritt man am
2. März zu der Constituirung des Hauses durch die Wahl
der Präsidenten und Schriftführer. Sehr bestimmt zeichnete
sich hiebei die allgemeine Signatur der Versammlung.
Keine Partei verfügte geschlossen über die Mehrheit des
Hauses. Auch eine Verbindung mehrerer verwandter Gruppen
erreichte oft nur mit wenigen Stimmen das Übergewicht über
die Gegner. Dieses Mal hatten Nationalliberale, Altliberale
und Fortschrittsmänner sich geeinigt, dem Andenken der
Nationalversammlung von 1848 eine Huldigung darzubringen,
indem sie den trefflichen Mann, der einst als deren Präsident
die damals beschlossene Verfassung unterzeichnet hatte, auch
hier wieder zum Vorsitz beriefen. Aber erst in einem zweiten