Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Eröffnung des Reichstags. 51 
Wahlgang siegte Simson mit 127 Stimmen (nur sieben über 
die absolute Mehrheit) gegen die 95 des conservativen Can- 
didaten. Zum ersten Vicepräsidenten wurde der freiconser- 
vative Herzog von Ujest mit drei, zum zweiten der alte Führer 
des Nationalvereins Herr von Bennigsen mit zwei Stimmen 
über die absolute Majorität gewählt. Es war nach diesen 
Abstimmungen sofort zu erkennen, daß die große Mehrheit 
der Versammlung das Gelingen des Verfassungswerkes lebhaft 
wünschte, daß aber die Beschlüsse über die einzelnen Sätze der 
Regierungsvorlage einstweilen unberechenbar sein würden. 
Am 4. März brachte Bismarck als Präsident der Bundes- 
commissarien den Verfassungsentwurf amtlich beim Hause ein. 
Er erinnerte daran, daß der vorläufige Bundesvertrag vom 
18. August 1866 nur auf ein Jahr abgeschlossen sei, daß 
mithin bis zu demselben Datum 1867, wenn nicht Alles in 
Auflösung zurückfallen sollte, die Verfassung von den Regie- 
rungen mit dem Reichstag vereinbart und von den Landtagen 
anerkannt sein müsse. Er bat also um möglichst rasche Arbeit. 
Sodann bemerkte er, im deutschen Charakter liege ein Zug, 
welcher der Vereinigung widerstrebe, ein gewisser Überschuß 
männlicher Selbständigkeit, welcher in Deutschland die Ein- 
zelnen, Personen und Stämme, verführt, sich mehr auf die 
eigene Kraft, als auf die der Gesammtheit zu verlassen, ein 
Mangel jener Gefügigkeit der Einzelnen zu Gunsten des 
Gemeinwesens, durch welche die andern Nationen früher als 
wir zur Einheit gekommen sind. Die Regierungen, schloß er, 
haben Ihnen im jetzigen Falle ein gutes Beispiel gegeben: 
es war nicht Eine unter ihnen, die nicht erhebliche Bedenken 
und berechtigte Wünsche der Erreichung des Ziels geopfert 
hätte. 
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