1867 Allgemeine Vorberathung der Verfassung. 53
wurde nach dem Antrage des Präsidenten folgendes Verfahren
beschlossen: zuerst eine allgemeine Besprechung des Entwurfs,
dann eine Specialberathung der einzelnen Artikel, endlich die
definitive Beschlußfassung, alles im gesammten Hause. Der
Geschäftsordnung entsprechend konnte darauf die allgemeine
Verhandlung am 9. März beginnen, zwei Wochen nach der
Eröffnung der Versammlung.
Diese allgemeine Vorberathung füllte vier Sitzungen,
bis zum 13. März. Sie erhielt ihr eigenthümliches Gepräge
durch den Umstand, daß in ihr zwei Principienkämpfe neben
einander hergingen und sich unaufhörlich kreuzten, da die-
selben Parteien in dem einen der Regierungsvorlage wider-
sprachen, in dem andern sie unterstützten oder noch überboten.
Es handelte sich um die beiden Hauptfragen, um die Siche-
rung sowohl der Einheit als der Freiheit, oder genauer gesagt,
um die Rechte der künftigen Bundesgewalt gegenüber den
Einzelstaaten, und innerhalb dieser Bundesgewalt um die
Rechte der Volksvertretung gegenüber den verbündeten Re-
gierungen. Während über die letztere Frage Conservative,
Liberale und Demokraten in festen Gruppen ihre Kräfte maaßen,
schlossen sich bei der erstern die verschiedensten Elemente zu-
sammen, auf der einen Seite gemäßigte und radicale Unitarier,
auf der andern demokratische, feudale und klerikale Particu-
laristen. Dazwischen wurden auf der preußischen Linken bittere
Erinnerungen aus ihrem eben geschlossenen Verfassungsstreit
wirksam, während katholische Redner ihrem Schmerze über
die Abtrennung von Osterreich Ausdruck gaben, und Polen
und Dänen überhaupt mit einem deutschen Bundesstaat nichts
zu schaffen haben wollten. Wenigstens einige Hauptvertreter
der verschiedenen Richtungen wollen wir hier in ihren