Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Wealdeck verwirft den ganzen Verfassungsentwurf. 57 
nach der vorliegenden Verfassung im Bundesrath die Ver- 
treter der 25 Millionen Preußen durch die Commissare der 
nur 5 Millionen Einwohner zählenden Kleinstaaten überstimmt 
werden könnten. Es war dieselbe Sorge, aus der einst 
Waldeck's politische Antipoden, die altpreußischen Feudalen, 
sich gegen die Erfurter Verfassung erhoben hatten, Preußen 
würde durch den Bund mit den Kleinstaaten nicht gestärkt 
sondern gelähmt werden. Waldeck's Mittel gegen eine solche 
Schädigung Preußens war sehr einfach: am Besten, rief er, 
wäre es gewesen, wenn Preußen diese Kleinstaaten sämmtlich 
annectirt hätte. Vor Allem aber grollte er dem jetzt vor- 
geschlagenen Bundesrathe, weil er nicht wie einst der Erfurter 
Fürstenrath auf die Theilnahme an der Gesetzgebung beschränkt 
sein, sondern gemeinsam mit dem Präsidium die Bundes- 
regierung führen sollte. Daß gerade durch jene Bestimmung 
der Unionsverfassung der erste schwere Keil in den Zusammen- 
halt der Union getrieben worden, hatte wohl Bismarck 
beobachtet, und deshalb die Anderung beschlossen, Waldeck 
aber sah über diesen Zusammenhang hinweg und verurtheilte 
den neuen Bundesrath, weil dessen Antheil an der Regierung 
die Einsetzung eines dem Reichstag verantwortlichen Mini- 
steriums und damit nach Waldeck's Auffassung die erste 
Grundbedingung der Freiheit unmöglich machte. Wieder 
war sein Antrag zur Abhülfe ganz einfach: der König von 
Preußen sei das Haupt der Centralgewalt mit verantwort- 
lichen Ministern, der Reichstag aber habe nicht bloß über 
die Gesetzgebung, sondern auch jährlich über die Einnahmen 
und Ausgaben aller Dienstzweige zu entscheiden. Wenn 
seiner Prüfung, bemerkte er, der Etat für Heer und Marine 
entzogen bliebe, so hätten wir ein Zoll-, ein Post-, ein
	        
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