1867 Forderung eines verantwortlichen Ministeriums. 59
erklärt hatte, Bayerns Eintritt in einen solchen Bund sei
unmöglich, weil damit die Selbständigkeit des Landes und
der Krone zerstört würde, war eine für Waldeck nicht vor-
handene Thatsache. Er hoffte vielmehr von der Verwirklichung
seines Ideals noch viel größere Dinge. Eine völlig frei-
sinnige Verfassung, sagte er, wird uns nicht bloß die Ver-
bindung mit dem Süden bringen, die wir um so weniger
entbehren können, als Preußen jetzt die Vormauer Deutschlands
gegen Frankreich geworden ist: sie wird uns auch, wenn
Osterreich demnächst zerfällt, Böhmen und Mähren zuführen,
die ja von Rechtswegen zu Deutschland gehören; man hört
zwar oft von dem Hader zwischen Deutschen und Slaven
in jenen Ländern reden, aber alle diese Schwierigkeiten würden
sehr leicht sich lösen, wenn wir nur erst eine freie demokratische
Verfassung für den deutschen Gesammtstaat hätten. Die
Czechen also sollten einem deutschen Parlamente unterthänig
zu Füßen fallen, die österreichische Regierung aber die deutsche
Annexion von zwei ihrer Kronlande pflichtmäßig genehmigen.
sobald nur Deutschland eine schöne demokratische Verfassung
hätte. Und das Alles wurde mit der tiefsten Überzeugung
als schlechthin selbstverständlich vorgetragen, als wenn unter
vernünftigen Menschen von einer verschiedenen Meinung
darüber gar nicht die Rede sein könnte.
Ein größerer Gegensatz ließ sich nicht denken, als zwischen
diesem großpreußischen radicalen Idealisten und dem ihm auf
der Rednerbühne folgenden nationalgesinnten liberalen Prak-
tiker, Miquel. Der Contrast war um so schärfer, als der
in seinen Gedankenbildern aufgehende Doctrinär ein Greis,
der alle Wirklichkeiten erkennende und erwägende Politiker
ein junger Mann war.