Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

60 Die ersten Wochen des Reichstags. 1867 
Waldeck's grundsätzliche Verwerfung des Entwurfs schob 
Miquel mit wenigen kurzen Sätzen auf die Seite. Ich 
werde, begann er, weniger vom preußischen Landtag und der 
preußischen Verfassung reden, als von Deutschland und dem 
deutschen Verfassungsentwurf. Die Vorlage, erklärte er 
sodann, entspricht den Thatsachen und den Bedürfriissen. 
Ihre Bundesgewalt erscheint an einigen Stellen stärker, an 
andern schwächer, als in den gewohnten Vorstellungen von 
einem Bundesstaat. Aber wir meinen, daß in der Praxis 
der Entwurf ausreichen wird. 
Sofort ging er dann auf die Beziehungen zu Süd- 
Deutschland über. Die Mainlinie, war sein geflügeltes Wort, 
ist allerdings nichts, als eine Haltestelle, um Kohlen und 
Wasser einzunehmen, Athem zu schöpfen und nächstens weiter 
zu gehn. Zur Zeit aber machen wir hier eine Verfassung 
nur für Norddeutschland, wir müssen sie berechnen für das 
heutige Bedürfniß Norddeutschlands, und nicht für zukünftige, 
noch nicht übersehbare Combinationen. Locken, wie der 
Vorredner sich ausgesprochen hat, locken werden wir die 
Süddeutschen nicht dadurch, daß wir das eine oder das 
andere Freiheitsrecht in die Verfassung aufnehmen: nur ein 
machtvoller Staat, der nach Außen imponirt und nach allen 
Seiten hin Sicherheit gewährt, gleichsam eine Feste, die 
nicht bloß ihre Einwohner, sondern schon jetzt auch ihre 
Außenbürger schützt, nur eine solche starke Feste kann uns 
Süddeutschland gewinnen. Daß dies im Süden anerkannt, 
und also dort der Eintritt in unsern Bund gewünscht wird, 
haben wir ruhig zu erwarten, ohne unsererseits den Süden 
zu einem solchen Schritte zu drängen.
	        
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