Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Drohendes Ergebniß der Pariser Debatte. 79 
Preußen nicht, denn ich will auch unsere Vorfahren nicht 
tadeln, welche unser Frankreich durch die Eroberung von 
Roussillon, Franche-Comté, Elsaß, Algerien geschaffen haben. 
Wie Ollivier denke ich, daß Preußens Werk sich weiter aus- 
dehnen wird, und wie Thiers, daß dies für Frankreich gefähr- 
lich werden kann. Nun hat mein Patriotismus allerdings 
einige besondere Vorurtheile. Er glaubt an die natürlichen 
Grenzen; er glaubt, daß ein Berg oder ein Fluß größere 
Sicherheit gibt, als ein preußischer Grenzpfahl. Er glaubt 
ferner an das Recht der Intervention überall, wo ein fran- 
zösisches Interesse auf dem Spiele steht. Diese Vorurtheile, 
meine Herrn, erscheinen mir als nationale Rechte. (Lebhafter 
Beifall.) Es war die nackte Erklärung, Preußen möge die 
deutsche Einheit vollenden, wenn Frankreich die Rheinlande 
erhalte. Wenn nicht, nicht. 
Die Verhandlung neigte sich zum Abschluß. Noch ein- 
mal kreuzten Thiers und Rouher in langen Erörterungen 
die Waffen. Neue Gesichtspunkte aber traten nicht hervor, 
und nach Rouher's Rede ging die Kammer mit 219 gegen 
45 Stimmen zur einfachen Tagesordnung über. 
So war ein positiver Beschluß nicht gefaßt worden. 
Dennoch aber konnte über das Ergebniß kein Zweifel bestehn. 
Auch wenn man annahm, daß dem Staatsminister Rouher 
die Widerlegung der von Thiers und Favre gegen die bis- 
herige Politik der Regierung gerichteten Angriffe glänzend 
gelungen wäre, immer mußten solche Vorwürfe für Napoleon 
einen brennenden Antrieb enthalten, den hier in Frage ge- 
stellten Ruhmesglanz Frankreichs durch greifbare Erfolge zu 
erhöhen. An Annexionsplänen gegen Belgien und Luxemburg 
zweifelte niemand mehr.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.