Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Competenz der Bundesgesetzgebung. 83 
im ganzen Bundesgebiete ein gemeinsames Indigenat bestehn 
sollte, kraft dessen jeder Angehörige eines Bundesstaats in 
jedem andern als Inländer zu behandeln sei. Sodann 
zählte ein Artikel die Angelegenheiten auf, welche der Aufsicht 
und der Gesetzgebung des Bundes unterliegen würden: er 
beschränkte sie beinahe ganz auf die Gebiete des Handels 
und Verkehrs, so wie der materiellen Interessen überhaupt; 
der Bund sollte Zölle und indirecte Abgaben, folglich keine 
directen Steuern erheben. 
Diese Abgrenzung erschien auf verschiedenen Seiten in 
verschiedener Richtung zu enge. Zuerst begehrte Schulze- 
Delitzsch die Bildung einer Commission mit dem Auftrage, 
die Grundrechte der Deutschen zu redigiren, und die katholische 
Gruppe schloß sich ihnen an mit der Forderung, die Frei- 
heitsrechte der Religion und der Kirche ebenfalls durch die 
Bundesverfassung festzustellen. Aber zu lebhaft erinnerte 
sich die Mehrheit des Zeitverlustes, welchen 1848 das 
Parlament durch die endlose Berathung der Grundrechte 
erlitten; man wollte nicht wieder an derselben Klippe scheitern, 
und wies, da fast in allen Staaten die Grundrechte bereits 
einen Theil der Landesverfassungen bildeten, beide Anträge 
mit großer Stimmenmehrheit ab. Kaum ein besseres Schicksal 
hatte ein vermittelnder Antrag der Nationalliberalen, durch 
ein künftiges Bundesgesetz möge ein Minimum der Grund- 
rechte festgestellt werden, welches keine Regierung ihren 
Unterthanen vorenthalten dürfe. Von links her wurde be- 
merkt: und wenn es einmal einen servilen Reichstag gäbe, 
wie würde dieser kraft eines solchen Gesetzes das Minimum 
in ein Nichts auflösen. Auf der Rechten wollte man von 
Grundrechten überhaupt nichts wissen; vom Regierungstische 
6°
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.