1869 Eisenacher Verbandstag. Schärfung des Programms. 131
der begehrten Staatsform. Als ein offenherziger Genosse
bei der Debatte den Ausdruck Republik beantragte, wurde
er sofort aus Gründen der Opportunität zurückgewiesen.
Dann folgte ein Satz, die heutigen politischen und socialen
Zustände seien höchst ungerecht, mit größter Energie zu
bekämpfen, und jede Klassenherrschaft abzuschaffen. Hieran
schloß sich der Satz, unter den man in Nürnberg die Auf—
hebung des Privateigenthums versteckt hatte, die Überweisung
aller Arbeitsmittel an die Arbeiter, auch dieser in etwas
abgeschliffener Form: die ökonomische Abhängigkeit des
Arbeiters von dem Capitalisten bildet die Grundlage der
Knechtschaft jeder Art, und deshalb erstrebt die socialdemo-
kratische Partei unter Abschaffung der jetzigen Productions-
weise (Lohnsystem) den vollen Arbeitsertrag für jeden Arbeiter.
Wie begründet die Rücksicht auf die noch unvollständige Reife
mancher Genossen gewesen war, zeigte sich hier an der aller-
dings entscheidenden Stelle. Die Versammlung setzte anstatt
der vorgeschlagenen Worte den Satz: die jetzige Productions-
weise soll durch genossenschaftliche Arbeit ersetzt werden.
Liebknecht tröstete sich mit der richtigen Wahrnehmung, daß
die communistischen Principien auch in dieser Formel ent-
halten seien. Dann wurde die politische Freiheit als unent-
behrlich für die sociale verkündet, und insbesondere gegenüber
dem jetzigen Zustande weiter begehrt: Wahlrecht aller 20jäh-
rigen Männer für jeden Vertretungskörper, Einführung der
directen Gesetzgebung durch das Volk, Einrichtung der Volks-
wehr anstatt der stehenden Heere, obligatorischer und unentgelt-
licher Unterricht in der Volksschule, Abschaffung aller indirecten
Steuern und Einführung einer einzigen progressiven Einkommen-
steuer (und Erbschaftssteuer, setzte die Versammlung hinzu).
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