Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

136 Klerikale Erhebung. 1818 
dann erweiterte Bahn durch die Errungenschaften von 1848, 
wo die protestantischen Liberalen, erbittert wegen der Ver- 
folgung der Lichtfreunde und Deutschkatholiken durch die mit 
den Orthodoxen verbündete Staatsgewalt, in unbegreiflicher 
Kurzsichtigkeit sich bereit finden ließen, zu Gunsten der Re- 
ligionsfreiheit die kirchlichen Hoheitsrechte des Staats in jeder 
Richtung zu beschränken, worauf sie dann sehr bald erleben 
mußten, daß sie nur zu Gunsten der sogenannten Freiheit der 
Kirche gearbeitet hatten, d. h. der Entfesselung einer Weltmacht, 
die zu ihren höchsten Pflichten die Vernichtung aller abweichen- 
den Meinungen zählt. Freilich, wenn einc liberale Mehrheit 
der Volksvertretung in die preußischen Grundrechte den Satz 
einschrieb: die bestehenden Kirchen verwalten ihre innern An- 
gelegenheiten selbständig — so hatte sie damit den Kirchen nicht 
eine volle Souveränität zuerkennen wollen. Vielmehr hatte sie 
es als selbstverständlich erachtet, daß die kirchliche Verwaltung 
bei aller corporativen Freiheit sich innerhalb der Schranken 
der allgemeinen Staatsgesetze zu halten hätte, ebenso wie die 
bürgerlichen Gemeinden oder die Wissenschaft und ihre Lehre, 
deren Selbständigkeit auch in der Verfassung garantirt war. 
Aber die Person, auf die hier Alles ankam, war bereit, den 
katholischen Bischöfen die weiteste Ausdehnung des gewährten 
Rechtes zu gestatten. Der König ließ thatsächlich alle Rechte 
fallen, die der Staat im vorigen Jahrhundert und von 1815 
bis 1840 widerspruchslos gehandhabt hatte. Er sah jetzt in 
der Leitung der Volksschule durch den Klerus und der 
Sonderung der Gymnasien nach dem Religionsbekenntniß 
ein festes Verfassungsrecht. Er verzichtete auf jede bisher 
geübte Mitwirkung bei Anstellung, Versetzung und Absetzung 
der Pfarrer, so daß hier die Willkür der Bischöfe einen
	        
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