1866 Encyclica und Syllabus. 141
aber von liberalen Partceien angeregt worden, so daß vom
ersten Tage an die Herrschaft liberaler Ideen in den neuen
Staatsgebilden vorauszusehn war. Und endlich hatte der
subalpine Räuber die Hand nach dem Eigenthum der Kirche
ausgestreckt, und nur die Anwesenheit einer französischen Be-
satzung das Patrimonium Petri mit der Hauptstadt dem
Papste gesichert.
Pius war nicht der Mann, sich solchen Geschicken geduldig
zu fügen. Vielmehr, gleich bei der ersten Regung der feind-
lichen Kräfte ergriff er seine Waffen, und mit jedem Anwachsen
der Gefahr steigerte sich die Energie seines Gegenkampfes.
In Italien verhing er 1860 den Bann im Frühling
über die Usurpatoren der Romagna, dann im December über
die Bezwinger Umbriens und der Marken. Durch sein starres
Festhalten an der Forderung vollständiger Wiedereinsetzung
machte er, wie wir sahn, dem Kaiser Napoleon die Rolle
seines Beschützers so widerwärtig, daß dieser 1864 den Ver-
trag vom 15. September abschloß, worin er seine Truppen
aus Rom abzuberufen, Victor Emanuel aber dagegen Rom
und das Patrimonium zu respectiren und zu schützen ver-
sprach. Der Papst sah darin die offene Drohung der Ein-
nahme Roms durch die zum Wortbruch und zum Treubruch
stets bereiten Italiener. Er antwortete, am Monatstage der
unbefleckten Empfängniß, am 8. December 1864, mit einer
feierlichen Kriegserklärung gegen das gesammte Freiheits-
streben der modernen Bildung und Politik, einer Consistorial=
Ansprache an die Cardinäle, welche dann als Enchcelica in alle
Welt ging, begleitet von einem Verzeichniß oder Syllabus
von 80 verdammenswerthen Irrthümern, darunter die Reli-
gionsfreiheit, die Preßfreiheit, die Freiheit der philosophischen