148 Klerikale Erhebung. 1868
päpstlicher Ungnade betroffenen Döllinger, eine ganze Schaar
namhafter Gelehrten und begeisterter Schüler in gleicher
Gesinnung, und ähnliche Beispiele zeigten sich in den Facul-
täten von Bonn und Breslau. Es wäre also doch möglich,
daß auch ohne Einmischung der Regierungen die kirchlichen
Kräfte selbst das drohende Gewitter zerstreuten.
Aber wahrscheinlich konnte man schon jetzt das nicht
nennen. Mit der Ankündigung des Concils verdoppelte der
Jesuitenorden seine Thätigkeit in Frankreich und in Deutsch-
land. Unzählige Flugschriften, Zeitungsartikel, Vereins-
beschlüsse bekundeten den Satz, daß jeder gute Katholik von
der Unfehlbarkeit des Papstes längst überzeugt sei, daß das
Concil hier nicht ein neues Dogma zu decretiren, sondern
nur die in Aller Herzen lebende Wahrheit anzuerkennen habe,
die Bischöfe würden ohne langes Debattiren die Unfehlbarkeit
durch Acclamation bestätigen, und sollte sich unter ihnen ein
Widerspenstiger finden, so würde der gesammte Klerus seiner
Diöcese sich wie Ein Mann gegen ihn erheben. Selbst ge-
mäßigtere ultramontane Blätter am Rhein, die anfangs über
die Unfehlbarkeit sich zweifelnde Außerungen erlaubt hatten,
wurden vom Strome fortgerissen, und fielen mit heftigen
Angriffen über die Unterzeichner der Coblenzer Adresse her.
Die Generalversammlung der katholischen Vereine überbot
— was viel sagen will — in ihren neuesten Resolutionen
alle ihre bisherigen Leistungen an begeisterten Lobeshymnen
für den Papst und leidenschaftlicher Bedrohung aller Gegner.
Jedenfalls regte sich kein Widerspruch unter den Massen des
niedern Volks. Der Abgeordnete Jörg schrieb in den historisch-
politischen Blättern mit specieller Anwendung auf die bayeri-
schen Verhältnisse, aber mit zweifelloser allgemeiner Gültigkeit: