1869 Anträge ũb. Redefreiheit, Civilrecht, verantwortl. Minister. 159
principiellen Einwand der Incompetenz des Bundes, eine
Verfassungsänderung ohne einstimmige Genehmigung aller
Regierungen zu beschließen, einen Einwand, der schon 1867
bei der Berathung der Verfassung erhoben, aber vom Reichs-
tag und durch die Bundesregierungen zurückgewiesen worden
war. Wieder nahm der Reichstag mit großer Mehrheit den
Antrag an, der Bundesrath aber beschloß auch hier die
Ablehnung.
Noch sind zwei Kampf= oder Machtanträge zu erwähnen,
einmal Waldeck's Begehren auf Diäten für die Mitglieder
des Reichstags, anstatt des in der Verfassung ausgesprochenen
Verbots der Annahme irgend welcher Entschädigung durch
die Abgeordneten. Neue Gründe kamen nicht in das Ge-
fecht. Das Ergebniß war Annahme des Antrags in der
ersten Lesung mit 109 gegen 94 Stimmen, dann aber in
der zweiten, ich weiß nicht, ob die Gegner sich verstärkt,
oder die Freunde ihn verlassen, Verwerfung mit 110 gegen
100 Stimmen.
Um so glänzender entwickelte sich am 16. April die
Redeschlacht über einen von Twesten und dem Grafen Münster
mit 81 Genossen aus allen Parteien eingebrachten Antrag,
betreffend das so oft besprochene Thema, die Einsetzung ver-
antwortlicher Bundesminister des Auswärtigen, des Kriegs,
der Marine, der Finanzen, des Handels. Sehr lebhaft
wurde von den Antragstellern betheuert, daß nicht ein Miß-
trauensvotum gegen den Kanzler damit gemeint sei, im
Gegentheil eine Erleichterung der von ihm übernommenen,
alle Menschenkraft übersteigenden Arbeitslast, durch Ver-
theilung derselben unter verschiedene selbständige Ressorts;
es handle sich um festere Ordnung und besseres System im