1869 Bundesbudget, Steigerung der Matricularbeiträge. 161
man in Preußen bis dahin noch ebenso wenig vor Augen
gehabt, wie die Möglichkeit, einen mißliebigen Minister auch
ohne gerichtliche Verantwortlichkeit durch nachhaltige parla-
mentarische Bekämpfung aus dem Amte zu treiben. Man
sollte sehr bald eine solche Erfahrung machen.
Drei Tage vorher, am 13. April, hatte der Bundesrath
das Budget für 1870 dem Reichstag vorgelegt, und die
Stimmung, womit man ihn dort aufnahm, wurde durch die
schroffe Zurückweisung des Antrags Twesten-Münster nicht
gebessert. Zwar gegen den Bundesetat selbst ließ sich nicht
viel einwenden. Fünf Sechstel desselben nahm der Militär-
etat ein, der ja durch die Verfassung bis 1871 jeder Kritik
des Hauses entzogen war. Gegen die Erhöhung der so lange
umstrittenen Marine-Anleihe von 10 auf 17 Millionen erhob
sich kein Widerspruch. Das Auswärtige Amt, das hier zum
ersten Mal auf dem Bundesetat erschien, wurde an dieser
Stelle freudig begrüßt und im Einzelnen nicht angefochten,
und kaum anders erging es bei den kleinen Ausgaben der
übrigen Ressorts. Aber übler zeigte es sich im Capitel der
Einnahmen. In Folge der Portoermäßigung hatte die
Postverwaltung starke Ausfälle erlitten und hoffte noch nicht
auf Erholung durch Zunahme des Briefverkehrs. Dasselbe
Ergebniß erschien bei einigen Zollherabsetzungen. Genug, bei
der zweiten Lesung des Etats blieben die eignen Einnahmen
des Bundes gegen seine Ausgaben um 25 Millionen Thaler,
2½ Million mehr als im laufenden Jahre 1869, zurück,
es mußte also für 1870 diese gesteigerte Summe als Matri-
cularbeiträge von den Einzelstaaten erhoben werden. Und
hiemit trat man an die Quelle des ganzen Unbehagens:
Preußen, welches nach seiner Einwohnerzahl von jener Summe
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. VII. 11