Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

168 Parlamentarische Kämpfe. Erfolge der Regierung. 1869 
Die Regierungen hatten also, da die Freihändler, die 
Mehrheit im Parlamente besaßen, ihr liberales Angebot er- 
heblich gesteigert, indem sie neben die schon früher gewährte 
Herabsetzung des Zolls auf Roheisen jetzt auch entsprechende 
Erleichterung für Eisenfabrikate in Aussicht stellten und dafür 
den Petroleumzoll endlich zu gewinnen hofften. Die Hoffnung 
aber auf ein positives Ergebniß blieb dennoch gering. Denn 
die freihändlerische Mehrheit war keineswegs in sich einig. 
Die conservativen Grundbesitzer aus Ostpreußen, die schon 
1868 für den Petroleumzoll gestimmt hatten, waren jetzt 
vollends entzückt über die erleichterte Einfuhr von Eisen- 
waaren, von der sie sich die schönste Wirkung für ihre Land- 
wirthschaft versprachen. Die Herabsetzung des Reiszolls aber 
hätten sie den Regierungen nach demselben Interesse gerne 
erlassen. Gerade umgekehrt hielt eine rein freihändlerische 
Gruppe an der Verminderung des Reiszolls fest und forderte 
gegen die Ansicht der Regierung noch eine weitere Verminde- 
rung des Zolls auf Roheisen. Die Gruppe der Zucker- 
fabrikanten hatte ebenfalls ihre besondern Wünsche; sie 
knüpften ihre Zustimmung zu der Erhöhung der Rübensteuer 
an die Bedingung eines stärkern Schutzes gegen ausländischen 
Zucker, und die Zusicherung einer gesetzlich fixirten Export- 
prämie für ihr Fabrikat. Endlich die große Masse der Partei 
wünschte zwar die Vollendung der Tarifreform, hoffte aber 
die Regierungen dahin zu bringen, daß sie sich zur Ent- 
schädigung für die Ausfälle an den Zollerträgen mit der 
Zuckersteuer begnügen würden. Denn an der Verwerfung 
der Petroleumsteuer hielt sie unbedingt fest; ebenso dauerte in 
ihren Kreisen der Wunsch fort, die Regierungen vor der Gefahr 
einer zu großen Bereicherung und Eigenwilligkeit zu bewahren.
	        
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