1869 Annahme der Zuckersteuer. Ablehnung des Petroleumzolls. 169
Wie in der Majorität waren sodann die Ansichten auch
bei der schutzzöllnerischen Minorität getheilt. Die deutschen
Brüder in der Südfraction hatten wie 1868 kein anderes
Programm, als zu verhindern, daß auf diesem preußischen
Boden irgend eine Frucht erzielt würde. Die süddeutschen
Nationalliberalen, die sich jetzt als besondere Fraction „zur
Mainbrücke“ constituirt hatten, blieben aber doch in der
Opposition, entweder gegen die Sätze der Tarifreform, oder
gegen den Petroleumzoll. Im ÜUbrigen waren die Vertreter
der Eisenindustrie kurzweg für die Ablehnung des Ganzen,
jedoch wollte eine gemäßigtere Gruppe der Ablehnung eine
Resolution hinzufügen, im nächsten Jahr sich mit der Herab-
setzung der Eisenzölle zu versöhnen, wenn die Regierungen
eine entsprechende Erleichterung für das deutsche Fabrikat
in England und Frankreich durchsetzten.
Man ermißt leicht, wie bei dieser Mannichfaltigkeit der
Bestrebungen im Verlaufe der Debatten die Combinationen
wechselten. Für uns hat es kein Interesse, ihnen im Ein-
zelnen nachzugehen. Nachdem das Gesetz über die Zoll--
ordnung fast ohne Anderung angenommen worden, ergab
die erste Lesung über die Zollreform folgende Beschlüsse:
Die Herabsetzung der Eisenzölle, jedoch ohne Ermäßigung
des Roheisenzolls, wurde mit 130 gegen 104 Stimmen an-
genommen. Auch die Herabsetzung des Reiszolls fand trotz
des Widerspruchs der Conservativen die Majorität. Dagegen
fiel die Petroleumsteuer mit 155 gegen 93 Stimmen nach
einer sehr scharfen Rede Lasker's. Um so mehr unterstützte
dann Lasker die von den Zurckerinteressenten gewünschte
weitere Erhöhung des Schutzzolls bei entsprechender Stei-
gerung der Rübensteuer und stellte nach deren Annahme den