1870 Antrag Lasker's auf Eintritt Badens in den Bund. 183
zurückhält. Sie kennen die Erklärung, daß ein Appell an
die Furcht im deutschen Herzen keine Stätte findet. Was
ist die Lösung des Räthsels?
Für Bismarck war der Antrag so überraschend und
unangenehm wie möglich. Auch er betrachtete den Eintritt
der süddeutschen Staaten als die Vollendung seines Werks.
Aber er wünschte ihn nicht eher erfolgen zu sehn, als bis er
von Seiten der Regierungen und der Völker aus eignem
freudigem Entschlusse begehrt würde. Davon aber war man
noch weit entfernt, und eben deshalb hatte die Thronrede so
nachdrücklich erklärt, daß auch jetzt für die Sicherheit des
gemeinsamen Vaterlands wohl gesorgt sei. Käme es aber
einmal zu dem ersehnten Fortschritt, so sähe er am Liebsten
die sämmtlichen Südstaaten gleichzeitig erscheinen. Einzeln
nähme er vielleicht Bayern auf, aber Baden am allerwenigsten.
Denn in seiner schmalen Länge würde es für Preußen, wie
ein Blick auf die Landkarte zeigt, die Pflicht der Landes-
vertheidigung in hohem Maaße erschweren, Bayern und
Württemberg dem österreichischen Einfluß überliefern und
zugleich, wie kaum ein Zweifel wäre, für Frankreich sofort
den Kriegsfall stellen.
Dies Alles war völlig begründet, aber so ungeeignet
wie möglich zur öffentlichen Mittheilung. Bismarck nahm
bei seiner Erwiderung die Stellung, daß es im Interesse der
deutschen Einheit liege, das nationalgesinnte Baden als
Pionier des nationalen Gedankens in der Verbindung mit
den übrigen Süddeutschen zu lassen, anstatt es aus diesem
Zusammenhang durch Aufnahme in den Nordbund heraus-
zureißen, und führte dieses Thema mit einer wunderwürdigen
Virtuosität durch. Das Ergebniß war, daß Lasker seinen