1870 Schlußberathung über das Strafgesetz. Todesstrafe. 189
ich weiter unten zurück. Am 21. begann die Schlußberathung
über das Strafgesetz. Der Justizminister erklärte, daß der
Bundesrath den Beschlüssen so weit wie irgend möglich ent-
gegen gekommen sei: was den brennendsten Punkt, die Todes-
strafe, anging, so solle sie nur für Mord und für Mord-
versuch auf das Bundesoberhaupt oder den Landesfürsten
beibehalten bleiben.
An diesem Tage kehrte, zum Heile des Gesetzes, Bismarck
aus Varzin nach mehrwöchentlicher schwerer Krankheit zurück.
Am 23. reichten Planck und Genossen einen Vermitt-
lungsantrag ein, die Todesstrafe wenigstens in Sachsen und
Oldenburg, wo sie bereits abgeschafft war, nicht wieder ein-
zuführen. Bismarck erwiderte sofort, die Regierungen hätten
dem nationalen Zwecke manches Opfer ihrer Uberzeugungen
gebracht, aber ein Opfer könnten sie diesem Zweck nicht
bringen, das sei das Princip dieser nationalen Einheit selbst.
Es wäre eine Verläugnung meiner ganzen Vergangenheit,
wollte ich einem Gesetze zustimmen, wodurch zweierlei Recht
für die Norddeutschen geschaffen würde, zweierlei Classen von
Norddeutschen, eine sächsisch-oldenburgische Selecta, höhere
Culturmenschen, die für ihre üblen Subjecte das Richtbeil
nicht mehr bedürfen, und das profanum vulgus von
27 Millionen, welches diesen Culturarad noch nicht erreicht
hat. Unsere Aufgabe ist die Gleichheit vor dem Gesetz für
alle Norddeutschen; statt dessen die Ungleichheit zu verfügen,
das wäre eine politische Unmöglichkeit. Wir sind gegen
Sonderrechte, gegen Sondereinrichtungen, gegen die Vor-
urtheile einzelner Regierungen und einzelner Stämme mit-
unter, weil wir uns der Größe unserer Ziele bewußt waren,
mit Härte, wenigstens mit Strenge verfahren; wir haben