Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

1869 Spaltung der dritten Partei. 195 
Rechten sich begeben wollten, eine für Ollivier schlechthin 
unmögliche Stellung. 
Der Kaiser begann, des endlosen Hin= und Herverhandelns 
müde zu werden. Er war mit dem eignen Entschlusse voll- 
ständig im Reinen, und auch seine Gemahlin, deren heller 
Verstand bei ihm erheblichen Einfluß gewonnen hatte, stimmte 
mit ihm überein. Nach seiner Herstellung hatte sie die 
ägyptische Reise angetreten; in einem ihrer Briefe vom Nil 
mahnte sie ihn, auf dem eingeschlagenen Wege fortzufahren 
und der Welt zu zeigen, daß es sich nicht um flüchtige Ein- 
fälle, sondern um feste Ideen handle. Er war ganz der 
Meinung und drängte zum Abschluß, da er, wenn zur Zeit 
auch schmerzensfrei, sich doch des eignen Befindens in keinem 
Augenblicke sicher fühlte. Damals schrieb er den Entwurf 
eines Decrets über die Einrichtung der Regentschaft im Fall 
seines Todes nieder, worin er die Kaiserin zur Regentin er- 
nannte, falls sie aber bei seinem Hinscheiden sich nicht in 
Frankreich befände, während ihrer Abwesenheit den Prinzen 
Napoleon mit der Regentschaft beauftragte. Als er dies 
aufzeichnete, handelte es sich für die Kaiserin um eine Ab- 
wesenheit noch von etwa vier Wochen; man sieht, wie wenig 
er der eignen Lebensdauer vertraute. So ließ er auch seine 
Bedenken gegen Ollivier's Vorschläge fallen; als am 29. No- 
vember die unterbrochene Tagung der beiden Kammern wieder 
eröffnet wurde, war die kaiserliche Thronrede ganz im Sinne 
Ollivier's redigirt. Sie verkündete unter Ablehnung der 
Reaction und der Revolution die Herrschaft einer auf Ordnung 
gegründeten Freiheit. Für die Ordnung, sagte der Kaiser, 
stehe ich ein, helfen Sie mir, meine Herrn, die Freiheit zu 
sichern. Er verhieß dann eine lange Reihe von Reformen 
13“
	        
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