1870 Graf Daru's auswärtige Politik. 203
Friedens anschaulich zu machen wünschte. Wir erinnern uns,
wie nachdrücklich Napoleon im Herbste 1868 jenen von Vitz-
thum angeregten und von Rouher beantragten Gedanken
zurückgewiesen hatte, nach welchem er dem Könige von Preußen
eine beiderseitige Abrüstung vorschlagen sollte. Es wäre ein
Selbstbetrug, hatte er gesagt, bei der preußischen Heerver-
fassung dergleichen in Preußen für ausführbar zu halten. Sein
Militärbevollmächtigter in Berlin, Baron Stoffel, hatte ihm
zugestimmt: „bei der allgemeinen Dienstpflicht ist in Preußen
eine Abrüstung unmöglich.“ Jetzt forderte im Namen des
Ministeriums Graf Daru den Schritt, und der Kaiser ließ
seinen Widerspruch fallen. Am 1. Februar 1870 rief Daru
die englische Vermittlung zur Übersendung des Vorschlags
an die preußische Regierung an. Bismarck erwiderte, der
Gedanke sei mit dem ganzen preußischen Heersystem so un-
verträglich, daß er ihn Sr. Majestät auch nur vorzulegen
sich nicht getraue. Noch gab Daru das Spiel nicht auf;
vierzehn Tage später ließ er, um die Aufrichtigkeit seines An-
trags außer Zweifel zu setzen, durch Clarendon in Berlin
anzeigen, daß die französische Regierung bereit sei, die regel-
mäßige Recrutirung dieses Jahr ihrerseits von 100000 auf
90000 Mann herabzusetzen. Bismarck aber bedauerte seine
Erklärung auch hienach nicht ändern zu können.
Für die Weltlage und den Weltfrieden trug es wenig
aus, ob die beiden sich beobachtenden Mächte ihre Aushebung
um einen gleich starken Theil verminderten, und so ging die
fruchtlos gebliebene Correspondenz ohne großes Aufsehn vor-
über. Desto stärkern Eindruck machte in Paris die Kunde
von Lasker's Antrag am 24. Februar für die Aufnahme Badens
in den norddeutschen Bund und dessen Behandlung durch