Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

1870 Manifeste über das Plebiscit. 223 
Gebt mir einen neuen Beweis des Zutrauens. Indem 
Ihr zur Urne eine bejahende Stimme bringt, werdet Ihr 
die Drohungen der Revolution niederschlagen, auf einer festen 
Grundlage die Ordnung und die Freiheit gründen und für 
die Zukunft den Übergang der Krone auf meinen Sohn 
erleichtern. 
Ebenso redete ein Rundschreiben aller Minister an 
sämmtliche Beamte: 
Der Kaiser hat 1852 von dem Volke die Macht begehrt, 
um die Ordnung zu sichern, er begehrt 1870 die Macht von 
ihm, um die Freiheit zu gründen. Nicht über das Dasein 
des Kaiserthums sollt Ihr abstimmen, sondern nur über seine 
liberale Umgestaltung. Es gilt, unserem Lande eine ruhige 
Zukunft zu sichern, damit auf dem Throne wie in der 
ärmsten Hütte der Sohn in Frieden seinem Vater folge. 
Hier also prangte als Zweck des Plebiscits die Sicher- 
heit der Erbmonarchie auch ohne Krieg, als empfehlendes 
Mittel erschien die Erweiterung der politischen Freiheit. 
Jener einzige officielle Candidat war in Wahrheit der Thron- 
erbe, der kaiserliche Prinz. 
Frankreich erfüllte sich jetzt von den Pyrenäen bis zu 
den Ardennen mit einer unermeßlichen Bewegung. Manifeste 
und Zeitungsartikel, centrale und locale Parteiausschüsse, 
Wanderprediger und Regierungsagenten, das Alles arbeitete 
mit täglich wachsender Steigerung durch einander und gegen 
einander. Es gab eine angstvolle Stunde am Nachmittag 
des Abstimmungstags, des 8. Mai, wo die ersten Nachrichten 
im Ministerium bedrohlich lauteten, und dann niemand die 
Folgen einer Niederlage zu ermessen sich getraute. Bald 
aber klärte der Himmel sich wieder auf, und als endlich am
	        
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