1870 Bedeutung des Ausgangs der Krisis. 229
Ansichten: kein Angriffskrieg, aber energische Zurückweisung
jeder Verletzung. Vielleicht lag dahinter die Verschiedenheit,
daß Ollivier bei einer eintretenden Verwicklung mit Kummer,
Gramont mit innerer Genugthuung zum Schwerte greifen
würde. Aber auch bei einer solchen Differenz würde Gramont
kräftiger Genossen nicht entbehren. Bei seiner gründlichen
Abneigung gegen Preußen war er dem Kriegsminister und
der Armee ebenso willkommen, wie den Klerikalen, die gegen
Preußen und Italien auf neue Gesta Dei per Francos
hofften, und den Arkadiern, die trotz des Plebiscits an der
Meinung festhielten, daß Ollivier's liberale Gesetze die
Monarchie in kurzer Frist wehrlos den Republikanern über-
liefern würden, wenn die Dynastie sich nicht vorher durch
glänzenden Kriegsruhm mit neuer Majestät umgeben hätte.
Dies bezeichnet die Veränderung der Lage. Das Ple-
biscit hatte im Sinne der Friedenspolitik, die daraus erwachsene
Ministerkrisis in entgegengesetzter Richtung gewirkt. Neben
Ollivier's Einfluß war einst für Daru's Ernennung das
linke Centrum, also eine Friedenspartei, für Gramont's Be-
rufung aber jetzt die äußerste Rechte, also eine Kriegspartei,
thätig gewesen. Einstweilen dauerte noch Ollivier's Interim
bis Anfang Juni, da Gramont nach Wien zurückfuhr, um
dort persönlich sich zu verabschieden. Die französische Politik
ließ für jetzt keinen Wechsel ihrer gewohnten Geleise erkennen;
es herrschte tiese Ruhe in der europäischen Welt; ein Anlaß
zu einem charakteristischen Auftreten der französischen Diplomtie
zeigte sich an keiner Stelle.
Um die Mitte des Juni zeigte die öffentliche Meinung
in Paris einige Aufregung, als es bekannt wurde, daß der
norddeutsche Bund einem Vertrage zwischen der Schweiz