230 Eindringen klerikaler Tendenzen in die franz. Regierung. 1870
und Italien vom 15. Oktober 1869 beizutreten beabsichtige.
Nachdem zur Erbauung einer Eisenbahn über den St. Gott-
hard die schweizer Regierung 20, die italienische 45 Millionen
Franken Unterstützung bewilligt hatten, stellte jetzt Norddeutsch-
land ebenfalls 20 in Aussicht und entschied damit die bis
dahin in der Schweiz streitig gewesene Wahl des St. Gotthard
für die zu erbauende Alpenbahn. Nun war dies allerdings
ein nicht gewöhnlicher Vorgang, eine so erhebliche Geldzah-
lung zu einem ausländischen Unternehmen, dessen Anfangs-
station ungefähr 600 Kilometer von der Bundesgrenze ent-
fernt lag, und Bismarck, um die Zustimmung des Reichstags
zu der Zahlung zu gewinnen, hob dann auch hervor, daß
das Unternehmen nicht bloß eine commercielle, sondern ebenso
eine politische Bedeutung für Deutschland habe, die übrigens
so bekannt und oft besprochen sei, daß er sich gar nicht mehr
darüber zu verbreiten brauche. Der einfache Sinn der Worte
ging dahin, daß Deutschlands Verkehr mit Italien bisher ent-
weder die österreichischen oder die französischen Alpenbahnen
benutzen müsse, also bei einem Zerwürfniß zwischen den Groß-
mächten gestört sei; solchen Gefahren sei die Gotthardbahn
in der stets neutralen Schweiz nicht ausgesetzt und folglich
für die Sicherheit unserer italienischen Beziehungen äußerst
wichtig. Man sollte denken, daß kein Geschäft weniger an-
fechtbar als dieses hätte erscheinen können. Aber wie nun
einmal in Paris durch Thiers und Genossen Mißtrauen und
Widerwille gegen Preußen verbreitet war, so genügte der
Umstand, daß Bismarck die Gotthardbahn als einen Gewinn
für Deutschland bezeichnet hatte, um sogleich die Gemüther
in Unruhe zu versetzen. Man sah ein bösartiges Vorgehn
darin, daß Preußen diesen Gewinn den Franzosen weg-