1868 Bismarck's Reden. 15
ob sie der parlamentarischen oder richterlichen Anschauung
entspräche. Nicht mehr der Minister, sondern die Gerichte
oder die Mehrheit des Parlaments würden die Verwaltung
leiten. Also Machterweiterung des Reichstags erscheine auf
jeder Seite, von der aus man den Antrag Migquel betrachte,
Bismarck knüpfte daran eine Beurtheilung der Taktik,
nach welcher der Zeitpunkt zur Erreichung dieses Zieles ge-
wählt worden sei. Twesten!) hatte es ausgesprochen, daß
das Haus alle Ursache habe, unnachgiebig auf dem 1867
gefaßten Beschlusse fest zu bleiben. Denn die damals be-
willigte Anleihe von zehn Millionen zu rascherer Entwicklung
der Kriegsflotte und des Küstenschutzes könne von der Re-
gierung vor der Vollendung des Bundesschuldengesetzes nicht
realisirt werden: da aber die Fortbildung der Marine dringend
nothwendig sei, so seien wir in der glücklichen Lage, daß die
Regierung uns brauche, und folglich unsere Bedingung, wenn
wir selbst sie nicht aufgäben, auf sich nehmen würde. Bis-
marck bemerkte darauf: was würden die Herrn sagen, wenn
von Seiten der Bundesregierung der Spieß umgedreht würde?
Sie setzen bei der Bundesregierung ein lebhafteres Interesse
für die Flotte voraus, als Sie selbst documentiren. Was
würden Sie sagen, wenn wir bei Ihnen den Patriotismus
voraussetzten, den Sie bei den Regierungen vermuthen, und
den Sie gewiß besitzen, er ist nur im Augenblick nicht er-
kennbar — wenn wir in dieser Voraussetzung erklärten: Sie
bekommen keine Flotte, keine Telegraphen, wenn Sie uns
nicht diese oder jene Beschränkung Ihrer parlamentarischen
Rechte, z. B. der unbedingten Redefreiheit, bewilligen. Sie
würden das, mild ausgedrückt, nicht hübsch finden. Sie
|) S. 154 der stenogr. Berichte.