242 Die Candidatur Hohenzollern. 1869
absolut nichts von solchen Dingen vernommen; auch habe
Rances nicht die geringste dahin zielende Anspielung gemacht,
er könne ihm das auf Ehrenwort versichern, Rancés habe
vielmehr den Herzog von Montpensier für den wahrschein-
lichen Throncandidaten erklärt.
Diese Aussage Thile's war buchstäblich wahr, und auch
Bismarck hätte dem Botschafter nichts anderes mittheilen
können. Denn nicht eine Sylbe über die Besetzung des
spanischen Throns war bis dahin aus Madrid an die
preußische Regierung oder den Prinzen Leopold gekommen.
Das spanische Ministerium war aus Mitgliedern der liberalen
Union und der Partei der Progressisten zusammengesetzt:
Prim war Progressist, der Abgeordnete Salazar aber Unionist;
Prim wünschte wie dieser zunächst einen portugiesischen Can-
didaten, in dessen Ermanglung aber nicht einen Hohenzollern,
sondern einen Italiener. Demnach erwirkte er den 4. April
1869 im Ministerium das Angebot der Krone an König
Ferdinand, und als dieser umgehend am 6. in nicht eben ver-
bindlicher Weise ablehnte, bald nachher dieselbe Einladung an
den König von Italien für dessen zweiten Sohn, den Herzog
Amadeo von Aosta.
Allein auch hier kam unzögerlich die Antwort, das Haus
Savoyen sei nicht reich genug an Prinzen, um einen der-
selben an Spanien abzugeben. Prim war sehr verdrießlich; er
hatte bei Napoleon's Streben nach der Rückberufung Isabella's
guten Grund zur Annahme, daß weder ein österreichischer
noch ein bayerischer Prinz das gefährliche Geschenk annehmen
würde. Wo aber sonst einen katholischen Prinzen finden?
Nur nothgedrungen also kam er auf Salazar's zweiten Vor-
schlag zurück und ließ eine Aufrage an den Fürsten Karl