244 Die Candidatur Hohenzollern. 1869
„Wenn man ihm unbedingt glauben könnte,“ schrieb Benedetti
weiter, „so wäre dies ja ganz beruhigend, aber nach meinen
Erfahrungen neige ich zu der Ansicht, daß er mir nicht seinen
ganzen Gedanken ausgesprochen hat. Ich bemerkte ihm des-
halb, daß der Prinz den Wunsch der Cortes doch nicht ohne
Zustimmung des Königs erfüllen könnte, und folglich der
König ihm den zu fassenden Beschluß vorzuschreiben hätte.
Bismarck erkannte dies an, aber anstatt mich zu ver-
sichern, daß der König unter allen Umständen ent-
schieden sei, ihm die Ablehnung zu befehlen, kam er auf
die frühere Ausführung zurück, daß wegen der Gefahren,
die den neuen Souverain umgeben würden, der König ge-
wiß dem Prinzen abrathen müßte, sich auf ein solches Unter-
nehmen einzulassen. Ubrigens, setzte er hinzu, wer weiß, ob
jemals ein Angebot kommen? ob ein so ehrgeiziger Mann
wie Prim schließlich nicht die höchste Stelle lieber selbst be-
halten wird? Ich machte ihn noch darauf aufmerksam, daß
die Regierung des Kaisers zwar mit voller Behutsamkeit die
spanischen Ereignisse beobachte, immer aber ein Interesse
ersten Ranges an ihrer weiteren Entwicklung haben werde.
Indessen Bismarck trat aus dem Kreise seiner bisherigen
Ausführungen nicht heraus. Er vermied es sorgfältig, mir
zu erklären, daß der König in keinem Falle die Annahme
der Krone dem Prinzen erlauben werde, während mir doch
Thile dies auf Ehrenwort zugesichert hatte. Es scheint also,
daß Bismarck dem Könige auf alle Fälle volle Freiheit vor-
behalten will. Ihn geradezu auf diese Frage anzusprechen
und zu einer deutlichen Antwort zu nöthigen, die vielleicht
bedenkliche Folgen haben könnte, hielt ich bei der mir be-
fohlenen Vorsicht nicht für rathsam.“