252 Die Candidatur Hohenzollern. 1870
Privatschreiben Prim's an König Wilhelm, das er, wenn
möglich, demselben in Berlin selbst übergeben sollte!), und
einen weiteren Privatbrief an Bismarck#), beide natürlich
dazu bestimmt, die Ansicht der Empfänger über eine eventuelle
Candidatur Hohenzollern zu erforschen und hoffentlich im
günstigen Sinne zu beeinflussen. Dringend wurde darin um
strenges Geheimniß gebeten, um das Unternehmen gegen
feindselige Parteiumtriebe zu sichern"). Die ganze Eröffnung
war eine außeramtliche"): weder der spanische Minister des
Auswärtigen, noch irgend ein Mitglied der beiderseitigen Ge-
sandtschaften hatte dabei mitgewirkt oder auch nur Kenntniß
davon erhaltens).
König Wilhelm war von Anfang an entschlossen, auch
seinerseits die Angelegenheit nicht als Staats-, sondern als
Familiensache zu behandeln. Er lehnte es ab, Salazar zu
empfangen; er gab weder dem Staatsministerium, noch seiner
# Mittheilung des Königs an Benedetti. Benedetti, ma mis-
sion en Prusse p. 331. Diese Angaben des Königs hat Benedetti
mißverstanden und auf die spätere Unterhandlung im Juni bezogen,
was absolut unmöglich ist. Denn es ist gewiß, daß kein spanischer
Agent den König in Ems aufgesucht, daß überhaupt der König im
Juni von der hinter seinem Rücken verlaufenden Unterhandlung erst
nach deren Abschluß etwas erfahren hat, daß er also dem Grafen
Bismarck nicht von divers incidents hat Mittheilung machen können,
aus dem einfachen Grunde, weil es solche für ihn selbst nicht gegeben
hatte, endlich, daß Bismarck die erste Nachricht über das Ergebniß der
Verhandlung nach seiner amtlichen Erklärung nicht vom Könige, sondern
von einem Begleiter Salazar's erhalten hat. Es ist wichtig, dies fest-
zustellen, weil Benedetti's Mißverständniß schwere Folgen gehabt hat.
*) Gramont, I. c.
2) Mittheilung Bismarck's an den Bundesrath, bei Hahn, Deutsche
Politik 1867 bis 1870, S. 354, und sonst vielfach gedruckt.
)Ehbendaselbst.
) Erklärung Prim's bei Benedetti p. 419. Erklärung Ras-
con's, Gramont p. 19, 365.