Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

260 Die Candidatur Hohenzollern. 1870 
noch den Wunsch entgegen, daß die Königswahl um drei 
Monate aufgeschoben werden möchte1). Indeß zeigen die 
folgenden Ereignisse, daß er darauf nicht bestanden hat. Ge- 
nug, am 20. Juni entschloß er sich und gab, ohne vorher 
König Wilhelm's Meinung eingeholt zu haben, dem spanischen 
Abgesandten sein Wort. 
An diesem Tage langte der König zu seiner gewohnten 
Brunnenkur, nur von einigen Adjutanten und dem Legations- 
rath Abeken begleitet, in Ems an. Hier empfing er die Mit- 
theilung des Prinzen (einen Act der Courtoisie nannte es 
Salazar), daß er, durch innern Beruf getrieben, die spanische 
Krone angenommen habe und den König um den Ausdruck 
seines Einverständnisses bitte. Der König war völlig über- 
rascht, verhehlte in seiner eigenhändigen Antwort sein Be- 
fremden nicht, erklärte aber, daß er einem inneren Beruf des 
Prinzen kemen Widerspruch entgegensetzen könne . 
So schien für Spanien das hartnäckig verfolgte Ziel 
erreicht, und Prim dachte in den nächsten Tagen die Cortes 
zur Königswahl aufzufordern. Da trat in Madrid ein un- 
erwartetes Ereigniß ein: bei den Cortes riß die Sehnsucht 
der Abgeordneten nach dem heimischen Heerde durch alle 
politischen Bedenken hindurch, und die erlauchte, zur Zeit auf 
4) Mittheilung des Königs an Benedetti. Ma mission en Prusse. 
S. 356. . 
2) Vgl. außer den oben angeführten Erklärungen Werther's und 
Wilmowski's noch Salazar's Vorrede vom 8. und einen Artikel der 
Kreuzzeitung vom 14. Juli. Thiers, nachdem er erklärt hat, er kenne 
diese Dinge nach den Mittheilungen der erlauchtesten Personen Europas, 
erzählt: auf das Schreiben des Prinzen habe der König die wenig 
bedeutsame Antwort gegeben, Leopold habe Freiheit, anzunehmen oder 
abzulehnen; er, der König, aber könne ihn gegen die Folgen seines Unter- 
nehmens nicht schützen. Enquéte parlamentaire, dépositions I, p. 6.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.