262 Die Candidatur Hohenzollern. 1870
Weisung als völlige Zurückhaltung habe. Er könne ihm
also nur seine persönliche Überzeugung aussprechen; diese
aber gehe dahin, daß die spanische Regierung keinen bedenk-
licheren und gefährlicheren Beschluß hätte fassen können. Die
Erhebung eines preußischen Prinzen auf den spanischen
Thron, fuhr er fort, muß in Frankreich, bei der heutigen
Stimmung der Gemüther gegen Preußen, eine ganz außer-
ordentliche Wirkung hervorbringen. Das Nationalgefühl wird
darin eine offene Herausforderung erblicken, und ein Napoleon
kann gegen eine solche Erregung nicht gleichgültig bleiben.
Ganz so, wie im Frühling 1869 Napoleon selbst im
Gespräch mit Benedetti, redet hier Mercier nicht von einer
persönlichen Ansicht des Kaisers, sondern von einem Auf-
brausen der öffentlichen Meinung gegen Preußen, welche den
Kaiser mit sich fortreißen würde.
Vergeblich meinte Prim, dieser erste Eindruck werde sich
bei näherer Uberlegung bald verlieren. Nein, erwiderte
Mercier, dieses erste Gefühl gehört zu denen, welche eine
nationale Regierung immer theilen wird; denn es bricht aus
dem Herzen des Volkes hervor. In dieser Bedrängniß
sprach Prim ein Wort aus, welches ebenso verhängnißvoll
werden sollte, wie Benedetti's Bericht vom 11. Mai 1869.
Er sagte: „Mein Trost ist, daß ich diese Candidatur nicht
erfunden, ja nicht einmal gesucht habe, man hat sie mir in
die Hand gelegt. Einen Augenblick habe ich geglaubt, sie
sei fehlgeschlagen wie die andern, ganz so wie ich es den
Cortes erzählt habe. Aber da bringt man sie mir fertig
entgegen, und in unserer Lage kann ich sie nicht zurückstoßen."
Er hatte, wie wir wissen, die Candidatur aus den
Händen Salazar's und der liberalen Union empfangen, und