264 Die Candidatur Hohenzollern. 1870
Cortes zum August einberufen werden. Er selbst werde fort-
fahren, mit aller Kraft auf Prim einzuwirken.
Allein schon am 4. Juli beschloß unter dem Vorsitz des
Regenten Serrano der Ministerrath, den Erbprinzen Leopold
amtlich als Candidaten der Regierung anzuerkennen und die
Cortes zur Königswahl auf den 20. Juli einzuberufen.
Überblicken wir hier am Schlusse der langen Verhand-
lung ihre entscheidenden Momente.
Der erste Erfinder und Verkünder der Candidatur Hohen-
zollern war kein Preuße, sondern der spanische Staatsrath
Salazar. Für Gramont's Bemerkung, daß er zweifellos
auf preußischen Antrieb gehandelt habe, daß er preußischer
Agent gewesen, ist nie ein Beweis versucht, geschweige denn
erbracht worden.
Prinz Leopold hat niemals den Besitz der spanischen
Krone erstrebt. Im Gegentheil, er hat die aus Madrid ihm
zugekommenen Anerbietungen drei Mal abgelehnt und erst
beim vierten Antrag seine Einwilligung gegeben.
Er war nach dem Hohenzollern'schen Hausgesetz in
dieser Angelegenheit vollkommen selbständig und freier Herr
seines Entschlusses; er bedurfte einer Erlaubniß des Königs
weder zur Annahme noch zur Ablehnung des Antrags. Daß
die Meinung des Königs bei ihm von Gewicht war, ist da-
gegen kein Widerspruch.
Von der ersten Anfrage im Frühling 1869 und deren
Ablehnung hat der König Kenntniß erhalten, sie gebilligt und
Bismarck vertraulich mitgetheilt. Von dem zweiten Angebot
in Weinburg und dessen vorläufiger Ablehnung hat Fürst
Anton dem Kaiser Napoleon Nachricht gegeben, König Wilhelm
aber und Bismarck sind erst später davon unterrichtet worden.