1870 Erwägung der Antwort im französischen Kronrath. 275
er ein stattliches Buch geschrieben, um ein gleiches Verhalten
für den ganzen Verlauf der Krisis nachzuweisen.
Seine obige Erzählung wird ergänzt durch ein nach
dem Sturze Napoleon's geschriebenes anonymes Buch, nach
welchem der ministerielle Entwurf durchaus friedfertig ge-
wesen, dann aber durch herrisches Eingreifen des Kaisers
an der entscheidenden Stelle zu einem Kriegsmanifeste um-
gearbeitet worden sei.
Die Unwahrscheinlichkeit dieser Angabe liegt zu Tage.
Es war nach dem Ende des Kaiserreichs der Brauch in
Paris, alles Unheil des Krieges auf die Schultern Napoleon's
zu wälzen. Wenn der kampflustige Schlußsatz wirklich erst
im Ministerrath hinzugefügt worden, so ist damit noch nicht
gesagt, daß es auf Napoleon's Befehl geschehn. Es wider-
spräche dies überhaupt dem brütenden, unentschlossenen, stets
scharfe Wendungen vermeidenden Charakter des Kaisers, und
vor Allem dem Umstande, daß er damals wieder an einem
neuen schweren Anfall seines Blasenübels litt, unter dessen
Schmerzen, wie wir schon früher bemerkten, sein Ruhe-
bedürfniß gesteigert, seine Urtheils- und Willenskraft halb
detäubt war. 1) In einer solchen Verfassung sollte er die
widerstrebenden Minister durch schroffen Befehl zu einer kaum
verschleierten Kriegserklärung fortgerissen haben?
Es fehlt aber auch nicht an positiver Bezeugung des
Gegentheils.
)) Nach dem Zeugniß der Palastdame Frau Carette, II, 123,
hatte soeben, am 2. Juli, eine große Consultation der berühmtesten
ürzte, Ricord, Faurel, See, Nelaton und Corvisart, stattgefunden. Die
Papiers de la famille impériale II, 59 enthalten ein Gutachten des
Professors See vom 3. Juli 1870, wonach Napoleon an gichtischen
Schmerzen, Hämorrhoiden und seit fünf Jahren an einer schweren
Blasenkrankheit litt. 18.