Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

1868 Bildung des Bureau's. 19 
verdrießlich schritten sie am 28. April zur Präsidentenwahl, 
wo die Geister sofort weiter auf einander platzen sollten. 
Zwar ging die Erhebung des trefflichen Reichstagspräsidenten 
Simson zum Vorsiß auch im Zollparlament ohne Parteikampf 
vorüber; der Streit entbrannte aber um so heftiger über die 
Wahl der beiden Vicepräsidenten. Die Mehrheit der Nord- 
deutschen hatte, um sich den Brüdern aus dem Süden ver- 
bindlich zu zeigen, für beide Amter süddeutsche Candidaten 
aufgestellt, für das erste den bayerischen Ministerpräsidenten 
Fürsten Hohenlohe, für das zweite den früheren badischen 
Minister Frhrn. von Roggenbach., Aber den bayerischen 
Klerikalen war Hohenlohe bitter verhaßt und sie stellten ihm 
einen ihrer Führer, Frhrn. von Thüngen, gegenüber, der 
freilich nur 59 Stimmen erhielt (der süddeutschen Parti- 
cularisten und einiger norddeutscher Demokraten). Vollends 
aber der nationalliberale Roggenbach galt ihnen, eben weil er 
ein Süddeutscher und dennoch national gesinnt war, als drei- 
facher Verräther an der heiligen Freiheit des Südens. Mit 
kluger Berechnung wandten sie sich an die conservative 
Partei des Reichstags und schlugen ihr dessen ersten Vice- 
präsidenten, den Herzog von Ujest, an Roggenbach's Stelle 
vor. Hiemit gelang es in der That, Roggenbach aus- 
zuschließen. Dieses Erfolges froh, constituirten sich gleich 
nachher die süddeutschen Particularisten, verstärkt durch einige 
sächsische Demokraten, unter Thüngen's Vorsitz als „süd- 
deutsche“ Fraction, öffentlich mit der Losung, jeder Aus- 
dehnung der Befugnisse des Zollparlaments Protest ent- 
gegenzusetzen, im Stillen aber weiter entschlossen, auf diesem 
ihnen überall widerwärtigen Boden so wenige Früchte wie 
möglich reifen zu lassen. 
2°%
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.