286 Der Verzicht des Prinzen von Hohenzollern. 1870
gekommen, welche Beschimpfung er sich durch sein Auftreten
gegen Preußen zugleich auch gegen Spanien erlaubt?
Wenn er eine Verletzung der französischen Ehre in einer
nähern Verbindung Preußens mit Spanien sieht, erklärt er
damit nicht das spanische Land für eine ausschließlich franzö-
sische Domäne? spricht er ihm nicht jedes selbständige Bündniß-
recht ab? Und wahrhaftig, wenn Bismarck von Leopold's
Thronbesteigung freundschaftliche Beziehungen zwischen Spanien
und Deutschland erhofft hatte, so war ihm stets die Unwahr-
scheinlichkeit klar, daß die spanischen Marschälle und Cortes
ihrem fremden jungen Könige jemals auch nur ein Ver-
theidigungsbündniß mit Deutschland verstatten würden. Aber
die bloße Möglichkeit eines solchen erachtete Gramont unver-
träglich mit Frankreichs Ehre. Deautlicher ließ es sich nicht
aussprechen, daß man in Paris Spanien als französischen
Vasallenstaat betrachtete und mehr als jeden Andern Preußen
zu strafen gedachte, weil es an französisches Eigenthum hatte
rühren wollen.
Wir haben bisher ausführlich über die Pariser Vorgänge
berichtet, um so weniger aber von den preußischen erzählt.
Dieses Schweigen hatte einen einfachen Grund: es gab hier
nicht viel zu erzählen. Wie wir wissen, dachte um die
Mitte des Juni, wie sonst in der Welt, so auch in den
preußischen Regierungskreisen kein Mensch an die Möglichkeit
eines Kriegs. Der König und die wichtigsten Minister hatten
verschiedenen Aufenthalt genommen und waren mit Badekuren,
Landleben, Reiseplänen beschäftigt. Bismarck war am 8. Juni
nach Varzin zurückgekehrt, um dort in der Ruhe seines Land-
sitzes mit Carlsbader Wasser seine stets noch angegriffenen
Nerven zu erfrischen und erst nach einem sechswöchentlichen