290 Der Verzicht des Prinzen von Hohenzollern. 1870
begnügen. Kaiser Napoleon war damit ganz und gar ein-
verstanden, und ohne Zweifel auf seinen Befehl hatte Gramont
am Nachmittag ein Gespräch mit Lord Lyons, das er zwar
wieder mit heftigen Drohungen gegen Preußen und Ankün-
digung militärischer Rüstungen begann, dann aber plötzlich ein-
lenkend erklärte: es ließe sich eine Lösung denken, welche der
Lord der Aufmerksamkeit seiner Regierung dringend empfehlen
möchte; der Prinz von Hohenzollern könnte aus eignem An-
trieb der Candidatur entsagen, dieser freiwillige Rücktritt des
Prinzen wäre eine äußerst glückliche Auskunft; er, Gramont,
bitte die englische Regierung, ihren ganzen Einfluß für deren
Erlangung einzusetzen. Lord Lyons, welcher Gramont's bis-
heriges Vorgehn gegen Preußen scharf getadelt hatte, er-
klärte sich mit Freuden bereit und hoffte auch von seiner
Regierung das Beste.
Aber diesem guten Vorsatz des Ministers war ein langes
Leben nicht bestimmt. Arger als jemals tobten die Pariser
Zeitungen. Die officiösen Blätter wetteiferten mit den un-
abhängigen in wilden Kriegsfanfaren gegen Preußen. Nicht
mehr von Spanien allein wurde geredet, sondern auch von
den preußischen Verletzungen des Prager Friedens; dazwischen
klang der Hohn, daß Preußen trotz aller Herausforderungen
in unthätigem Schweigen verharre, und laut und lauter er-
dröhnte die Forderung an die Minister, ein Ende zu machen.
Generale und Abgeordnete bestürmten die Regierung mit
gleicher Ungeduld, und Gramont fand nicht die Kraft,
diesem von ihm selbst veranlaßten Drängen zu widerstehn.
„Iöch gestehe,“ erzählte er1), „in der Morgenfrühe des 8. Juli
hatte ich den Beschluß gefaßt, den Prinzen Leopold anzu-
1) France et Prusse p. 66.