292 Der Verzicht des Prinzen von Hohenzollern. 1870
daraus, daß der König einem Rücktritt des Prinzen schwerlich
widersprechen würde, und so entschloß er sich, anstatt Bene-
detti's, selbst auf den Prinzen im Sinne des Friedens ein-
zuwirken. Hinter dem Rücken seines Ministers ersuchte er den
König der Belgier, in seinem Auftrage dem Fürsten von Hohen-
zollern mitzutheilen, daß die Ablehnung der spanischen Krone
das einzige Mittel sei, den europäischen Frieden zu erhalten.
Napoleon hatte keinen Zweifel an dem Erfolge seines
Schrittes, an dem Rücktritte Leopold's und in Folge dessen dem
Erlöschen der Kriegsgefahr. König Victor Emanuel, der bei
aller Neigung zu einer französischen Allianz sich zur Zeit nicht
in der Lage befand, Krieg zu führen, hatte gleich nach Gramont's
grimmiger Rede vom 6. Juli der spanischen Regierung ge-
meldet, er sei bereit, um die anstößige Candidatur Hohenzollern
aus dem Wege zu räumen, auf das früher abgewiesene An-
erbieten der spanischen Krone an seinen Sohn Amadeo zurück-
zukommen!). Zu seiner großen Beruhigung aber erhielt er am
11. Juli eine Depesche Napoleon's, daß der Friede gesichert seit).
So löblich die Absicht des Kaisers bei seinem Verfahren
war, so bildet doch die Reihe dieser Vorgänge ein wahres
Muster einer Politik, wie sie nicht sein soll. Ein Minister,
der am 6. Juli eine Forderung aufstellt, am 7. ein neues
gefährliches Begehren hinzufügt, am 8. es zurücknimmt, am 9.
es wieder erncuert; darüber ein Monarch, der jedes Mal
die Schwankung genehmigt, zuletzt aber dem Streben des
Ministers heimlich entgegen arbeitet: eine solche Regierung
mußte Schiffbruch leiden, auch wenn ihr Gegner zehn Mal
schwächer als Bismarck gewesen wäre.
1) Massari II, 372.
:) Rothan, I'/Allemagne et IItalie II, 60