294 Der Verzicht des Prinzen von Hohenzollern. 1870
seinem Vetter Jerome den Thron von Toscana zu verschaffen,
1860 hatte er, wieder auf eigne Hand, die Candidatur des
österreichischen Erzherzogs auf den Thron von Mexiko auf-
gestellt, und 1866 hatte er, zum größten Verdrusse von
England, Osterreich und der Türkei, die Candidatur des
Prinzen Karl von Hohenzollern, des Bruders des Prinzen
Leopold, auf den Thron von Rumänien erfunden und in
jeder Weise gefördert. Das Dilemma ist unabweislich: wenn
er jenen für einen preußischen Prinzen gehalten, so hat er
das von Gramont angerufene Princip verworfen, oder aber,
wenn er das Princip anerkannt, hat er den Prinzen Karl
nicht für einen preußischen Prinzen gehalten. Wozu dann
aber jetzt der Lärm über die Candidatur des Prinzen Leopold?
Freilich liegt die Antwort nahe genug. Der rumänische
Vorgang war nur den drei andern Mächten, der spanische aber
Frankreich selbst nicht angenehm. Dies war der unterschied.
Unterdessen war Benedetti am Abend des 8. Juli in
Ems angekommen, nicht besonders erbaut von seinem heiklen
Auftrag, zunächst das bisherige Verhalten und die weitern
Absichten des Königs zu erforschen, und dann dem mächtigen
Monarchen die Forderung eines Widerrufs vorzulegen. In
der That, er hätte sich nicht wundern können, wenn, nach
Werther's Bericht über Gramont's Begehren, der König ihn
überhaupt nicht empfangen, sondern auf den amtlichen Weg
verwiesen, oder sich auf eine kurze Erklärung der völligen
Selbständigkeit des Prinzen Leopold beschränkt und jede
weitere Erörterung von der Zurücknahme der grundlosen
Gramont'schen Drohungen abhängig gemacht hätte. In-
dessen mochte der König bei einer solchen Haltung den so-
fortigen Bruch durch den französischen Übermuth besorgen,