Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

1870 Gramont's weiteres Drängen. 297 
seines Standpunktes als Souverän und als Familienhaupt 
motivirt, eine Unterscheidung, welche Benedetti sofort mit dem 
Satze bekämpfte, daß der König als Familienhaupt eben des- 
halb gelte, weil er Souverän sei, womit dann stimme, daß 
er seinen ersten Minister zu der Verhandlung zugezogen 
habe. Alle diese Momente hatten bei Gramont nur die 
Wirkung, die Hoffnung auf ein siegreiches Durchsetzen der 
erhobenen Forderung zu steigern. 
Ein Telegramm also nach dem andern drängte am 10. und 
11. den Botschafter vorwärts: Schafft uns eine entscheidende 
Antwort des Königs, wir können nicht warten; morgen 
müssen wir sie haben, übermorgen wäre es zu spät; befiehlt 
oder räth der König dem Prinzen den Rücktritt nicht, so 
rufen wir 300000 Reservisten unter die Fahne; es kommt 
uns weniger auf die Entsagung des Prinzen, als darauf an, 
daß der König sie veranlaßt. Am 11. Juli entschloß 
er sich, der Kammer zu erklären, daß er noch kein abschließen- 
des Ergebniß mittheilen könne, da er die Antwort erwarte, 
von welcher der Beschluß abhange. Alle Cabinette, setzte er 
hinzu, an die wir uns gewandt haben, erkennen die Berechtigung 
unserer Beschwerden an. Dies war im ersten Augenblick des 
Streites innerhalb gewisser Grenzen geschehn; er verschwieg 
aber weislich, wie sehr seit dem 6. Juli die Stimmung der 
Mächte sich geändert hatte. Was den König Wilhelm be- 
traf, so zweifelte Gramont nicht mehr, daß er den richtigen 
Weg eingeschlagen habe, die reumüthige Erklärung von ihm 
zu erpressen. Gleich nach der Kammersitzung telegraphirte er 
an Benedetti: Ihre Sprache läßt bisher die nöthige Festig- 
keit vermissen; spätestens bis morgen muß der König dem 
Prinzen den Rücktritt von der Candidatur befehlen.
	        
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