298 Der Verzicht des Prinzen von Hohenzollern. 1870
Auf der deutschen Seite hatte das Emser Gespräch die
ganz entsprechende Wirkung: wie bei Gramont Siegeshoffnung,
erweckte es bei Bismarck Beunruhigung. Es war nicht das
begleitende Pariser Säbelgerassel, was ihn besorgt machte.
Denn er glaubte noch immer nicht an den wirklichen Ernst
der französischen Drohungen und Rüstungen, um so mehr aber,
wenn es Ernst wurde, an die Uberlegenheit der deutschen
Kraft. Auch daß der Verzicht des Prinzen Leopold auf die
Candidatur jetzt höchst wahrscheinlich wurde, bewegte seine
Stimmung nicht. So gerne er den Prinzen auf dem
spanischen Throne erblickt hätte, so hatte er doch nach
dem Losbruch des Pariser Unwetters den Rücktritt des
Prinzen begreiflich gefunden. Für Preußen trug es nicht
viel aus. Seit dem Anfang des Streites hatte die preußische
Regierung stets erklärt, daß sie an der Sache keinen Antheil
gehabt, und der Prinz in freier Selbständigkeit verhandelt
und angenommen hatte; wenn er jetzt nach gleich freiem
Entschlusse beharrte oder ablehnte, was ging es Preußen
an? Um diesen Standpunkt aber festzuhalten, war die
strengste Abweisung des französischen Begehrens erforderlich,
daß der König den Rücktritt des Prinzen befehlen oder gut-
heißen solle; es mußte jedes Wort vermieden werden, aus
welchem Gramont auch nur den Schein einer Einwirkung
des Königs auf den Prinzen hätte folgern können. Denn
dann würde der Verzicht des Prinzen auch als ein Zurück-
weichen des Königs vor Gramont's Kriegsdrohungen er-
scheinen, und somit eine schwere Niederlage Preußens ge-
geben sein. Eben in dieser Beziehung nun fühlte sich
Bismarck bei der großen Friedensliebe des Königs, die von
einem Theile seiner Umgebung eifrig genährt wurde, nicht