Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

300 Der Verzicht des Prinzen von Hohenzollern. 1870 
jedoch wuchs allmählich bei den Pariser Vorgängen der Arg- 
wohn, daß vielleicht die spanische Frage nur der Vorwand 
eines festgewollten Bruches sei. Nach der geographischen 
Lage wurde in der Rheinprovinz die Möglichkeit eines Kriegs 
nicht ohne eine gewisse Beklemmung erwogen, während hier 
und da im Osten Stimmen laut wurden, man solle nicht so 
lange fackeln, sondern den französischen Schmähungen durch 
deutsche Hiebe ein Ende machen. 
Benedetti's zweite Audienz beim Könige, am Vormittag 
des 11. Julii), verlief wie die erste. Der Botschafter redete 
etwas eindringlicher, hatte jedoch keine neuen Gründe für 
Gramont's Forderung, daß der König sichtbar und aus- 
drücklich die Sache in die Hand nehme und dem Prinzen 
den Rücktritt von der Candidatur befehle. Der König be- 
gann bei dieser Wiederholung einer ungebührlichen Zumuthung 
ungeduldig zu werden, blieb aber bei seinem Satze, daß er 
vor Allem die begehrte Erklärung aus Sigmaringen ab- 
warten müsse. Benedetti flehte, die entsetzliche Gährung der 
Kammern dränge seine Regierung auf das Außerste; ein 
baldiger Entschluß sei unvermeidlich. Der König sagte, er 
erwarte die Antwort nach 24 Stunden; in der Versagung 
eines so geringen Aufschubs müßte er die Erklärung erblicken, 
daß Frankreich unter allen Umständen den Krieg wolle. Als 
Benedetti sich dagegen eifrig verwahrte, deutete der König 
wiederum an, die Antwort werde wohl den Verzicht des 
Prinzen melden, und er dann diesem Schritte desselben zu- 
stimmen:). Benedetti zog daraus den Schluß, daß der Rück- 
1) Bei einer Begegnung auf der Straße am 10. Abends hatte 
er mit dem Könige einige Worte gewechselt; der König sagte ihm, er 
habe noch keine Nachricht vom Prinzen Leopold. 
) Lettro particulière 11. Juli. Mission p. 358.
	        
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