308 Neue Forderungen Frankreichs. 1870
unterrichtet gewesen, ihn vielleicht im Stillen veranlaßt, jeden-
falls genehmigt hätte — und nun dieses Verfahren, Un-
wissenheit zu heucheln und Aufschub zu begehren, bis Frank-
reich aus Madrid die Nachricht von dem Rücktritt des Prinzen
ohne jede Einwirkung des Königs erhielt. Zu einer solchen
Intrigue, meinte Gramont, wäre der König nicht fähig ge-
wesen, hier liege wieder eine neue Teufelei Bismarck's vor,
die um jeden Preis vereitelt werden müsse. Dieses Mal sei
der König dem französischen Griffe entschlüpft. Wie aber
ihn jetzt auf's Neue fassen, und ihn trotz des prinzlichen
Verzichts zu einer formellen Genugthuung für die Kränkung
der Würde Frankreichs anhalten? Gramont, der einstweilen
im eignen Kopfe keine Antwort fand, wandte sich zunächst zu
dem unterbrochenen Gespräche mit Werther zurück, dessen
Verlauf ihn vielleicht auf ein neues Kampfmittel aufmerksam
machen könnte.!) Der Verzicht des Prinzen, sagte er, ist
eine Nebensache, da wir seine Thronbesteigung doch auf
keinen Fall zugelassen hätten; das Wesentliche ist die Be-
schwerde gegen Preußen, daß der König die Candidatur er-
laubt hat, ohne Frankreich vorher über dessen Willensmeinung
zu befragen. Hierauf bemerkte Werther, daß der König kein
Recht gehabt habe, dem Prinzen die Candidatur zu ver-
bieten, und erläuterte dann weiter, zudem habe der König
entfernt nicht vermuthet, daß die Candidatur eines mit dem
französischen Kaiserhause nahe verwandten Prinzen in Paris
irgend welchen Anstoß erregen könnte. Bei diesen Worten
stieg Gramont plötzlich ein Gedanke auf: Wenn der König,
rief er, damals solche Vorstellungen gehabt hat, so könnte
es ihm ja keine Schwierigkeit machen, dieselben in einem
) France et Prusse p. 115.